Verrückte Straßen und verschneite Berge in Georgien
Die Pipers kommen
Bei mit (*) gekennzeichneten Links handelt es sich um sog. Affiliate-Links. Durch Klick auf diese Links und Erwerb von Produkten unserer Partner erhalten wir ggf. eine Provision. Als Amazon Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen. Ihr unterstützt damit unsere Reise, es entstehen keine Mehrkosten für euch
Wir hätten einen Campervan kaufen sollen
Die Pipers sind da!
Mein Wecker klingelt um 3:45 Uhr. Wow, ich muss meinen Vater und meinen Bruder sehr mögen. Aufgeregt verlasse ich um 4 Uhr morgens das Haus, um die beiden vom Flughafen abzuholen.
Sie kommen schnell durch die Passkontrolle, holen ihr Gepäck ab und wir machen uns auf den Weg nach Tiflis. Es ist erst 6:30 Uhr, als wir beginnen, durch das Stadtzentrum zu schlendern. Merkwürdigerweise sind die Straßen für eine Hauptstadt völlig leer. Es ist wirklich niemand zu sehen. Wir spazieren durch die Altstadt und sehen uns einige der wichtigsten Sehenswürdigkeiten an. Sightseeing ohne andere Touristen ist fantastisch.
Gegen 10 Uhr beginnt die Stadt zum Leben zu erwachen. Zu diesem Zeitpunkt haben wir bereits 4 Kaffees getrunken und unser zweites Frühstück gegessen. Nachdem wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten abgehakt haben – die Sameba-Kathedrale, den schiefen Uhrenturm, die Schwefelbäder, den Leghvtakhevi-Wasserfall, die Brücke des Friedens usw. – steigen wir wieder ins Auto und fahren zu den Chronicles of Georgia. Das riesige Monument mit seinen 16 Säulen ist 30 m hoch und wirklich beeindruckend. Die Form, die Dekoration und die Struktur sind spektakulär, und der 360-Grad-Blick vom Gipfel des Schota-Bergs ist atemberaubend.
Langsam fällt es uns schwer, wach zu bleiben. Zufrieden mit unserem Sightseeing-Tag, machen wir uns auf den Weg zu unserem ebenso beeindruckenden Airbnb. Zum Glück war auch Jana fleißig und hat gekocht. Wir lassen uns Fleischbällchen à la Jana schmecken und spülen sie mit georgischem Rotwein herunter. Heute Nacht werden wir alle gut schlafen.
Den nächsten Tag gehen wir langsam an. Wir erkunden die Festung und Kirche von Ananuri und am Nachmittag trinken verschiedenes georgisches Bier. Jana hat für uns ein Restaurant mit guten Bewertungen zum Abendessen gefunden, das etwa 20 Autominuten entfernt liegt. Das Restaurant hat einen schönen Gartenbereich mit vielen Sitzgelegenheiten im Freien. Als wir ankommen, verlassen die einzigen anderen Gäste gerade das Lokal. Ein leeres Restaurant ist normalerweise kein gutes Zeichen, aber in diesem Fall ist das Essen fantastisch! Wir teilen uns mehrere einheimische Gerichte, darunter die berühmten Khinkali, und sind erstaunt, wie preiswert das Essen ist.
Es stellt sich heraus, dass der Besitzer von der tschechischen Regierung finanzielle Unterstützung für den Bau seines Restaurants erhalten hat. Das scheint typisch für Georgien zu sein, denn viele Institute und Projekte werden von der EU oder EU-Staaten gefördert. Die Menschen hier sehen ihre Zukunft eindeutig in der EU und nicht mit der einst engeren Verbindung zu Russland. Wir sehen hier in Georgien mehr EU-Flaggen als in fast jedem europäischen Land!
Lastwagenkolonnen, eine schöne Kirche und verrückte Straßen
Tag 3 mit meiner Familie führt uns auf einen Road Trip. Wir fahren 2 Stunden nördlich nach Stepantsminda, einem kleinen Dorf im Kaukasusgebirge. Der Ort ist berühmt für die malerische Gergeti Dreifaltigkeitskirche, ein Wahrzeichen Georgiens. Nachdem wir Ananuri verlassen haben, wird die Straße langsam steiler, die Zahl der Schlaglöcher nimmt zu und die Größe der Berge um uns herum auch. Auf dem Seitenstreifen stehen Lastwagen in einer Schlange, die so weit führt, wie das Auge reicht! Nach 20 Kilometern fahren wir am Ende der Schlange vorbei und bemerken ein Polizeiauto, das hier geparkt ist. Wir stellen fest, dass die Polizei die Lkw-Schlange zurückhält und nur in Abständen LKWs durchlässt, um die Straße nicht zu verstopfen. Zuerst dürfen die Lastwagen, die aus Russland den Berg hinunterfahren, passieren, später dann die, die den Bergpass in Richtung russische Grenze hinauffahren.
Auf dem Weg nach Stepantsminda fährt zum Glück gerade keine der beiden Kolonnen. Die Fahrt ist wegen der vielen Schlaglöcher, des georgischen Fahrstils und der kurvenreichen Straße, oft ohne Schutzbarriere, ein wenig beängstigend. Unterwegs halten wir für ein Picknick an. Die anderen teilen sich sogar ein Bier. Meine Idee, vom Dorf aus zur Kirche von Gergeti hinaufzuwandern, wird gerade mal eine Minute lang diskutiert. „Warum zu Fuß gehen, wenn wir direkt daneben parken können?“, lautet das Fazit.
Die Kirche ist im Inneren nicht sonderlich interessant. Beeindruckend ist das Panorama der Kirche auf dem Hügel mit den schneebedeckten Bergen im Hintergrund. Es sind viele organisierte Reisegruppen mit uns dort oben und Menschen aus der ganzen Welt. Wir haben nie darüber nachgedacht, welche Arten von Touristen eigentlich nach Georgien kommen Hier treffen wir Touristen aus Mitteleuropa, Südkorea, Japan und vor allem aus dem Nahen Osten.
Zurück nach Ananuri sind wir viel länger unterwegs, da die LKW-Schlange Richtung Süden feststeckt.
Abends gehen wir zu Fuß in ein lokales Restaurant in Ananuri. Da wir typische Engländer im Ausland sind, hoffen wir eigentlich, dass das Restaurant einen Fernseher hat und das Liverpool-Fußballspiel übertragen wird. Haben sie aber nicht. Zum Glück hat Elliot seinen Laptop dabei, so dass wir das Spiel beim Essen verfolgen können. Keine Sorge, das Restaurant ist leer und dem Personal ist es völlig egal, was wir tun. Liverpool gewinnt 1:0, und wir kehren gut gelaunt nach Hause zurück.
Kakhetien
Georgien ist für seine Weinproduktion berühmt. Nicht unbedingt wegen der Qualität, sondern eher wegen der Herstellungsmethode. Das traditionelle Qvevri-Verfahren wird seit Tausenden von Jahren angewendet und unterscheidet sich von den modernen europäischen Verfahren. Die Besonderheit dieses Verfahrens besteht darin, dass der Traubensaft zusammen mit der Maische, also mit allen Feststoffen der Fruchtstände, wie Schalen, Kernen und Stielen verarbeitet und diese nicht wie bei der europäischen Weinanbaumethode frühzeitig getrennt werden. Durch den langen Kontakt zwischen Wein und Maische gewinnt insbesondere der Weißwein mitunter eine völlig andere Farb- und Geschmacksnote.
Die Schalen, Kerne und Stiele, die auf den Boden gesunken sind, werden dann aus dem Qvevri genommen und destilliert. Der Schnaps, der dabei entsteht, heißt Chacha und hat einen Alkoholgehalt von 50-80 %.
Wir besuchen einen kleinen Weinproduzenten namens Vakho. Er führt uns herum und erklärt uns den Prozess der Weinherstellung. Anschließend werden wir mit einem Mittagsbuffet und Wein/Chacha nach Belieben versorgt. Vakho erklärt uns, dass er etwa 50% seiner Ernte an Großproduzenten verkauft, aber mit den Touren mehr Geld verdient als mit seinem Wein. Wir verschlingen das Essen und gönnen uns ein paar Gläser Wein. Chacha hingegen hat einen gewöhnungsbedürftigen Geschmack. Wir trinken ein paar Gläser (wirklich Gläser und keine Shots) und machen uns dann auf den Rückweg nach Ananuri.
Leider neigt sich unsere gemeinsame Zeit mit Dad und Elliot dem Ende zu. Die Fahrt zum Flughafen beginnt um 2 Uhr nachts. Es bleibt noch Zeit für einen Kaffee im Flughafencafé, bevor wir uns verabschieden.
Carpacking
Für uns beginnt nun wieder der Alltag auf Reisen. Ein kleiner Unterschied zum Bikepacking ist, dass wir jetzt das Auto als Basis und Transportmittel haben. Unser erster Halt für die Nacht ist Teneti. Wir suchen uns ein Plätzchen mit Blick auf das Tal und gehen früh ins Bett, da wir von unserem Frühstart kaputt sind. Den Morgen verbringen wir damit, viel Kaffee zu trinken und einfach zu entspannen. Zum Glück haben wir ein Auto und müssen nicht alles auf die Räder packen. Unser Tagesablauf ändert sich ein paar Tage lang nicht. Wir fangen langsam an, trinken Kaffee und setzen uns erst dann ins Auto. Dann fahren wir ein paar Stunden rum, bis wir die nächste atemberaubende Kulisse gefunden haben, parken und verbringen die Nacht dort.
Ab Tag drei werden wir langsam etwas sicherer mit dem Off-Road fahren. Jana navigiert uns zu einem Wald und einem möglichen Parkplatz. Es gibt einen Fluss mit natürlichen Pools und einem Wasserfall nur einen kurzen Spaziergang entfernt. Das einzige kleine Problem ist, dass der Asphalt jetzt aufhört und vor uns nur noch ein etwa 5 Meter breiter, schlammiger Weg in den Wald führt. Da es in den letzten Tagen so viel geregnet hat, hat sich der Weg in eine etwa 20 Meter lange, riesige Wasserpfütze verwandelt, die sich über die gesamte Breite des Weges erstreckt.
Wir drücken den Allrad-Antrieb-Knopf auf dem Dashboard des Autos und rollen langsam auf die Pfütze zu. Als Kind habe ich gelernt, dass man bei Wasser auf dem Boden nie weiß, wie tief es ist. Ich bin mit Gummistiefeln in Pfützen gesprungen. Manchmal war ich überrascht, wie hoch das Wasser an meine Stiefel geschwappt ist. Nun, das Gleiche passiert jetzt mit dem Auto. Das Wasser wird langsam tiefer, und als wir es auf die andere Seite geschafft haben, steigen wir aus und stellen fest, dass das Wasser bis an die Tür geschwappt ist! Zum Glück ist das Auto wasserdicht, oder zumindest so dicht, dass der Motor noch läuft.
Der Stress hat sich gelohnt, denn der Wasserfall und die Pools sind idyllisch. Das Wasser ist jedoch so kalt, dass mein Körper taub wird und ich es nur etwa 20 Sekunden aushalte. Ich werde von Jana gebeten, nochmal ins Wasser zu springen. Leider war ich nicht lang genug drin, um ein Foto zu machen. Wow, was wir alles für Fotos und soziale Medien tun!
Wir schlafen nicht wirklich gut, da wir uns beide Sorgen machen, ob wir es mit dem Auto durch den Schlamm zurück auf die Straße schaffen. Zum Glück springt das Auto an und nach einigem Zögern fahren wir durch die Pfütze. Wir merken beide die Erleichterung und entscheiden, dass wir nie wieder auf solch schlammigen Wegen fahren werden. Vielleicht sollten wir einfach beim Radfahren bleiben.
Lemon Café
Nach dem morgendlichen Stress brauchen wir einen Kaffee und einen Ort zum Entspannen. Wir finden das Lemon Café im zweiten Stock eines heruntergekommenen Gebäudes in einer nahe gelegenen Stadt. Das Café selbst ist jedoch sehr modern und hat verschiedene luxuriöse Sitzbereiche. Wir suchen uns ein Sofa aus und bestellen zwei Cappuccinos. Sie schmecken hervorragend und wir bestellen gleich zwei weitere. „Nein“, antwortet die Kellnerin. Es gibt keine Kaffeebohnen mehr. Ein bisschen seltsam für einen Coffeeshop, aber es gibt wohl für alles ein erstes Mal. Da wir immer noch einen Koffeinschub brauchen, bestellen wir stattdessen eine Flasche CocaCola. Aber es ist nicht wirklich CocaCola, sondern RC Cola. “Crap pop”, wie Peter Kay sagen würde. Die Art von Cola, die man in Zwei-Liter-Flaschen für 30 Cent bekommt. Wie auch immer, ich jammere nicht, denn ich habe eine Koffeinsucht, der ich nachgehen muss.
Wir brechen das Gesetz
Wir haben beschlossen, den Zekari-Pass hinaufzufahren. Das Ziel ist es, einen Parkplatz auf dem Pass zu finden, 2000 m über dem Meeresspiegel, und die Aussicht zu genießen. Am Anfang ist die Straße noch in Ordnung, aber als wir das letzte Dorf auf dem Weg nach oben passieren, verengt sie sich zu einem engen Pfad. Es gibt mehr Schlaglöcher als Straße. Je weiter wir nach oben fahren, desto mehr Schnee wird sichtbar. Bald umgibt uns Schnee auf beiden Seiten der Straße. Links von uns wird die Felswand in den Abgrund immer steiler und es gibt keine Schutzbarrieren. Die mit Schlaglöchern übersäte Straße geht erst in Schotter über und dann in Lehm. Rechts von uns befindet sich eine 4 m hohe Eiswand. Das Eis schmilzt langsam in der Sonne und bildet kleine Flüsse entlang der Straße.
Ein Auto, dem wir die letzten paar Kilometer gefolgt sind, hält vor uns an. Es ist ein Range Rover mit russischem Kennzeichen. Die beiden jungen Männer haben auf einem etwas breiteren Abschnitt der Straße angehalten, um uns genug Platz zum Überholen zu lassen. Direkt vor ihrem Auto befindet sich jedoch ein Abschnitt der „Straße“, der nur als Schlammbad beschrieben werden kann und sich in einem Winkel von etwa 20 % zur Seite neigt. Es ist seltsam, wie in solchen Momenten ein Gefühl von Druck aufkommt. Ich bin schon aufgeregt genug, uns über diesen Abschnitt der Straße zu bringen. Aber jetzt habe ich auch noch den Druck von zwei Zuschauern. Eigentlich dumm, denn wir haben wirklich das Gefühl, dass wir mit unserem Leben spielen. Gruppenzwang oder das eigene Ansehen sollten das Letzte sein, woran man denkt.
Mit aktiviertem Allrad-Modus kommen wir bis auf ein paar Meter an den gefährlichen Straßenabschnitt heran. Ich gebe Gas und hoffe, dass das Momentum uns weit genug über das Schlammbad bringt. Das Auto kippt zur Seite und das Lenkrad wird leicht, als ob ich die Lenkung nicht wirklich kontrollieren kann. Wir überqueren den gefährlichen Abschnitt und atmen tief durch. Von hier bis zum Gipfel sind es nur noch ein paar hundert Meter. Wir biegen um die letzte Kurve und werden von einem großen grünen Plateau begrüßt. Das Plateau ist ein paar Quadratkilometer groß und bietet einen atemberaubenden 360-Grad-Blick auf die umliegenden Berge und Täler. Die Strapazen des Aufstiegs haben sich gelohnt. Wir richten uns für die Nacht ein und gehen schlafen. Als wir aufwachen, sehen wir, dass wir uns in den Wolken befinden. Die wunderschöne Aussicht von gestern liegt jetzt im grauen Nebel!
Da es im wahrsten Sinne des Wortes nichts zu sehen gibt, fahren wir weiter. Die Straße auf der anderen Seite ist etwas breiter und nicht ganz so gruselig. Nach etwa einem Drittel der Strecke kommt ein Auto aus der Gegenrichtung. Der Fahrer gibt uns eine Lichthupe und steigt aus. In gebrochenem Englisch erklärt er, dass die Straße gesperrt sei und man nicht durchfahren könne. Dann steigt er wieder in sein Auto und fährt weiter den Berg hoch. Leicht verwirrt denken wir darüber nach, was uns gesagt wurde. Ein paar Dinge schießen uns durch den Kopf: Erstens: Wie ist der Fahrer den Berg heraufgekommen, wenn die Straße gesperrt ist?! Zweitens: Er fährt einen Toyota Prius! Ein Prius auf dieser Straße! Wie schafft er das?! Wir rutschen überall herum und haben Angst in unserem Auto mit Allradantrieb! Wahnsinn.
Die Ratschläge von georgischen Einheimischen zu ignorieren, ist bisher für uns wirklich nicht gut gelaufen. Typischerweise denken wir aber, wir wissen es besser und fahren weiter den Pass hinunter. Die Straßenverhältnisse verbessern sich, wir kommen aus den Wolken heraus und können die Aussicht genießen. Wir erreichen ein Dorf und vermutlich das Ende des Passes. Die Straße wird breiter und wir sind wieder auf Asphalt. Es gibt jedoch eine Schranke, wie auf einem Parkplatz, die die Straße blockiert. Wir halten an der Schranke an.
Ein Mann kommt aus einer Sicherheitshütte und geht zu unserem Auto hinüber. Auf Russisch fragt er, woher wir kommen. Jana antwortet, „von oben“. Der Mann schaut uns erstaunt an und fragt: „Aber war die Straße nicht mit Schnee bedeckt?“. Wir erzählen ihm die ganze Geschichte. Immer noch schockiert, öffnet er die Schranke und lässt uns durch. Der Prius-Fahrer hatte wohl recht. Die Straße ist gesperrt. Aber wie er feststellen musste, ist die andere Seite noch viel schlimmer! Keine Ahnung, wie er über das schräge Schlammbad gekommen ist!
Weitere Auto-Abenteuer
Die Suche nach einem Platz zum Schlafen wird immer mehr zum Spießrutenlauf. Abseits der Hauptstraßen sind alle Routen nur Feldwege. Wenn wir Glück haben, gibt es Schotterwege, aber meistens nur schlammiges Gras. Einmal schaffe ich es sogar ungewollt, wie ein Rallyeauto um eine Kurve zu driften. Meistens ist es nicht gefährlich, wir machen uns nur Sorgen, dass wir uns festfahren könnten. Da wir oft so abgelegen sind, wäre es dann ein langer Weg, um Hilfe zu holen!
Wir halten am Kimisi Reservoir an. Ein schöner Ort. Der einzige Nachteil: es gibt wahnsinnig viele kleine Fliegen! Jetzt ist es zu spät, denn die hinteren Fenster sind heruntergekurbelt. Wir bemühen uns, die Fliegen zu vertreiben, aber es sind immer noch viele an den Innenseiten der Fenster, als wir am Morgen losfahren. Vielleicht werden sie von unserem Geruch angelockt. Es ist 6 Tage her, dass wir das letzte Mal geduscht haben.
Das Wetter ist während unseres gesamten Auto-Abenteuers sehr wechselhaft.. Es hat jeden Tag mindestens ein paar Stunden lang geregnet. Wir lieben es, in der Natur unterwegs zu sein, aber wir haben beschlossen, uns ein Hotel zu gönnen. Wir brauchen ein warmes Bett und, was noch wichtiger ist, eine Dusche. Laut Google erwarten uns in der Wüste von Kasachstan und Usbekistan 35 Grad und Sonnenschein pur! Wenn man bedenkt, wie kalt es die letzten Tage war, können wir es kaum erwarten!
Sighnaghi
Auf dem Weg zu unserem Hotel in der Weinregion Kachetien halten wir an, um Mittagessen zu holen. Jana steigt aus und überquert die Straße zu einer Bäckerei. Sie kommt mit einem Lobiani zurück. Eine Art Fladenbrot, das mit Bohnen gefüllt ist. Anscheinend, sagt sie, haben sie auch Khachapuri mit Käsefüllung. „Was?!“, rufe ich. „Warum kaufst du Lobiani, wenn sie auch Khachapuri haben?!“. Wahnsinn, denke ich, steige aus und gehe selbst hinüber zur Bäckerei.
Um ehrlich zu sein, nachdem ich wieder im Auto sitze und wir uns das Lobiani teilen, schmeckt es eigentlich ganz gut. Jana fängt an, ihre Hälfte zu essen und die Bohnen fallen auf ihren Schoß, den Sitz und den Boden des Autos. Das arme Auto ist im Schlamm versunken, an den Fenstern kleben immer noch Fliegen und auf dem Beifahrersitz sind jetzt überall Bohnen. Ich habe mir Sorgen gemacht, dass ich das Auto zu Schrott fahre und wegen der fragwürdigen Versicherung zahlen muss. Das eigentliche Problem wird der Zustand des Innenraums sein, wenn wir es zurückgeben!
Das Hotel, das wir gebucht haben, ist wunderschön. Uns wird sogar gesagt, dass das Frühstück auf der Terrasse vor unserem Zimmer serviert wird. Luxus pur.
Wenn man bedenkt, wo wir sind, wäre es kriminell, keine Weintour zu machen. Wir gehen zum Weinkeller von Gio. Er bietet uns eine Führung an, bei der wir 2 seiner Weine und 4 verschiedene Chachas probieren. Gio’s Keller verlassen wir leicht angetrunken. Das Weintrinken geht aber beim Abendessen weiter. Als wir fertig sind, taumeln wir zurück zu unserem Hotel auf dem Hügel. Ein gelungener Abend, würde ich sagen.
Camping Simulation
Die Rückgabe des Autos ist kein Drama, auch wenn im Inneren noch Fliegen herumfliegen und Bohnen auf dem Boden liegen. Zurück in Tiflis haben wir uns mit Gabriela verabredet, die sich in den letzten Wochen um unsere Fahrräder gekümmert hat. Da sie selbst bald eine Fahrradreise durch Afrika plant, hat sie in Vorbereitung darauf eine Menge an Ausrüstung angesammelt. Allerdings hat sie noch nie etwas davon benutzt.
Wie es beim Couchsurfing oft Tradition ist, verabreden wir uns zum gemeinsamen Abendessen. Wir kommen auf die Idee, Gabrielas gesamte Ausrüstung zu testen und auch unsere Kochutensilen* zu benutzen, um ein Camping-Abendessen in ihrem Garten zu simulieren. Sogar ihr Nachbar, Wacho, entscheidet sich, zu uns zu stoßen! Seit wir in Georgien sind, haben wir festgestellt, dass viele Leute Sonnenblumenkerne essen. Nun, Wacho isst sie auch und zeigt uns sogar, wie man sie öffnet! Es ist wirklich nicht so einfach, wie es sich anhört, und die Technik muss definitiv geübt werden.
Der einzige Unterschied zum richtigen Zelten ist, dass wir ins Haus gehen, als es kühl wird, und in einem Bett schlafen.
Wir verlassen Gabriela und mieten eine Ferienwohnung. Wir müssen uns auf unseren Flug nach Kasachstan vorbereiten. Vor allem müssen wir Fahrradboxen finden! Nachdem wir mehrere Fahrradläden erfolglos abgeklappert haben, finden wir einen Laden, der uns die Boxen für 15 € pro Stück verkaufen will. Wir treffen auch auf einen anderen Radreisenden, Jeremy. Den Namen bitte merken, denn er wird in zukünftigen Blogs noch öfter auftauchen. Bei dieser Gelegenheit sagen wir nur kurz hallo und verlassen dann den Laden.
Ich schlage sogar vor, noch einmal hineinzugehen und die Boxen zu kaufen. Jana hingegen ist der Meinung, dass wir nicht für etwas bezahlen sollten, das eigentlich ein Abfallprodukt ist. Wir gehen die Straße hinunter zum nächsten Fahrradladen, VeloPlus. Die Mitarbeiter sind sehr freundlich und bieten uns kostenlos Boxen an. Erstaunlich. Vielleicht sollte ich öfter auf Jana hören.
Das bedeutet allerdings, dass wir jetzt herausfinden müssen, wie wir unsere Fahrräder auseinandernehmen und in eine Kiste packen. Ein paar Youtube-Videos und eine Menge Frust später haben wir die Räder reisefertig verpackt.
Der Bus nach Kutaissi
Unser Flug startet am späten Nachmittag in Kutaissi, der drittgrößten Stadt Georgiens, etwa 250 km westlich von Tiflis. Wir haben einen speziellen Bus gebucht, der um 5 Uhr morgens in Tiflis abfährt und uns direkt zum Flughafen bringt. Wir sind ziemlich gestresst, da wir noch nie mit Fahrrädern geflogen sind. Das Packen war nicht einfach, deshalb machen wir uns auch Sorgen, dass wir vielleicht etwas falsch gemacht haben.
Wir stehen um 3:45 Uhr auf und schleppen die Boxen zur Bushaltestelle, die nur etwa einen Kilometer von der Wohnung entfernt ist. Wir hatten erwartet, dass die Fahrradkisten schwer sein würden und hatten mehrere Trips zur Bushaltestelle geplant. Trotzdem kämpfen wir uns mit dem hohen Gewicht ab und haben Schwierigkeiten, alles zu transportieren.
Während Jana zurück in die Wohnung rennt und die letzten Taschen holt, suche ich die Haltestelle. Ich laufe um den Freiheitsplatz, einen der berühmtesten Plätze in Tiflis. Auf der Südseite des Platzes finde ich einen Minibus und eine kleine Ansammlung von Menschen. Der Fahrer bestätigt: Dies ist der Bus zum Flughafen von Kutaissi. Toll, denke ich.
Ich kehre zu den Kisten zurück und bringe die erste zum Bus. Der Fahrer schaut mich seltsam an. Jana ist immer noch nicht zurück, also hole ich die zweite Kiste. Diesmal sieht mich der Fahrer nicht nur an, er kommt auf mich zu und sagt: „Die kommen auf keinen Fall in den Bus“. Ich versuche, ruhig zu bleiben, und nehme an, dass er scherzt. Ich erwarte nicht, dass er mir hilft. Das Gegenteil ist der Fall. Wir sind auf dieser Reise schon ein paar Mal mit Bussen gefahren, und jedes Mal haben es die Fahrer darauf angelegt, uns das Leben schwer zu machen. Dieser Typ scheint es aber ernst zu meinen und ruft seinen „Manager“ an. Ich verstehe natürlich nichts, denn es ist alles auf Georgisch, aber ich verstehe den Sinn des Gesprächs. Der Manager wird anscheinend selbst kommen.
Ich bin recht zuversichtlich, da wir Tickets mit Zusatzgepäck gebucht hatten, auf denen steht, dass wir Fahrradkisten transportieren. Vielleicht muss dieser Fahrer einfach nur von seinem Vorgesetzten zurechtgewiesen werden. Er muss ein engagierter Manager sein, wenn er um 5 Uhr morgens aufsteht, um Probleme zweier Touristen mit Fahrradkisten zu klären.
Um ehrlich zu sein, bin ich erleichtert, dass Jana noch nicht zurück ist. Sie wäre mega gestresst und natürlich wäre alles meine Schuld. Immer noch am Rauchen und Kopfschütteln bleibt der Fahrer ein paar Meter entfernt stehen und spricht mich nicht weiter an.
Da Jana immer noch nicht zu sehen ist, sage ich zu dem Fahrer: „Ich gehe meine Frau suchen.“ Er antwortet: „Ja, und nehmen Sie Ihre Kisten mit!“ Ich lasse die Kisten stehen und laufe zurück über den Platz.
Etwa eine Minute später kommen der Manager und auch Jana an. Zum Glück spricht er gutes Englisch und beruhigt die Situation. Er prüft unser Ticket und die E-Mails, die ich mit seinen Kollegen ausgetauscht hatte.
Nach viel Aufregung und eine Diskussion, die wir nicht verstanden haben, dürfen wir wirklich nicht in diesen Bus. Wir müssen eine Stunde auf den nächsten Bus warten. Der Fahrer des Minibusses steigt in seinen Van und fährt davon. Der Manager ist aber nett und bleibt bei uns, bis der nächste Bus ankommt. Diesmal ist es ein richtiger Bus mit einer Gepäckablage darunter. Da ist viel Platz für die Fahrräder. Als wir im Bus sitzen, atmen wir erleichtert tief durch. Mal angenommen, es hätte nicht geklappt und wir wären in Tiflis gestrandet und hätten unseren Flug verpasst. Wow, dann wäre ich in Schwierigkeiten gewesen.
Auf unserem Flug nach Aktau wird mindestens ein weiterer Radreisender sein. “Jonas” hat in der WhatsApp-Gruppe „Cycling East“ geschrieben, dass er heute dieselbe Route nimmt. Wie der Name schon sagt, ist die Gruppe für Leute, die nach Osten radeln. Die etwa 1000 Mitglieder der Gruppe teilen dann Ideen, Empfehlungen und Informationen über alles, was mit Radreisen zu tun hat.
Auf dem Flughafen sehen wir einen jungen Mann mit einem überdimensionalen Karton. Das muss Jonas mit seinem Fahrrad sein! Ich gehe hin und frage: „Hey, bist du Jonas?“ „Nein, ich bin Moritz!“, antwortet er. Moritz ist ein weiterer Bikepacker auf unserem Flug. Ein paar Minuten später taucht die nächste Person mit einer großen Kiste auf. Jonas! Zu viert warten wir auf unseren Flug und tauschen Geschichten über unsere bisherige Reise aus. Der Check-in verläuft reibungslos. Erstaunlicherweise ist der erste Karton sogar unterhalb der erlaubten 32-Kilo-Grenze. Der andere ist schwerer, aber wir sagen, es sei dasselbe Fahrrad, sodass der Karton ohne Gewichts-Check durch den Schalter geht. Glück gehabt!
Nächster Halt: Zentralasien!
Bei mit (*) gekennzeichneten Links handelt es sich um sog. Affiliate-Links. Durch Klick auf diese Links und Erwerb von Produkten unserer Partner erhalten wir ggf. eine Provision. Als Amazon Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen. Ihr unterstützt damit unsere Reise, es entstehen keine Mehrkosten für euch
Weitere Informationen findet ihr auch in unserer Datenschutzerklärung!
Einen Blogartikel zu schreiben ist sehr zeitaufwendig und wir sind beim Posten auf gutes Internet angewiesen, sodass unsere Erlebnisse hier oft einige Wochen zurückliegen. Wo wir aktuell sind, könnt ihr auf dieser Karte bzw. über unseren Instagram-Account verfolgen!