Usbekistan
Auf der Seidenstraße nach Samarkand
Was Marco Polo kann, können wir schon lange
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Inhaltsverzeichnis
- Schwierigkeiten mit der Grenzpolizei
- Das erste Problem mit den Fahrrädern
- Per Anhalter durch die karakalpaksche Galaxis
- Alltag in der Wüste
- 48 Stunden Pech
- Eine saftige Wassermelone
- Straßensperren und ein Interview in Kyrkkyz
- Das Bellagio in Kungrad
- Ein familiengeführtes Unternehmen
- Sandsturm auf dem Schiffsfriedhof
- Ein Geburtstag in Nukus
- Ein Monopol der Autoindustrie
- Chiwa und Buchara – Erstaunliche Architektur
- Gemischte Erfahrungen mit Telefon-Apps
- Ein Bisschen Lebensqualität in Samarkand
Schwierigkeiten mit der Grenzpolizei
Jeremy, Moritz und ich kommen recht schnell durch die Pass- und Gepäckkontrolle an der Grenze. Wir Platz und warten auf Jana. Der Grenzbeamte scheint sie anbaggern zu wollen. Er hat anscheinend Unregelmäßigkeiten bei ihrem Nachnamen festgestellt, da das “scharfe S” nicht im lateinischen Alphabet vorkommt. Er stellt ihr eine ganze Reihe an Fragen: Wo wohnen Sie? Wohin gehen Sie? Was machen Sie beruflich? Haben Sie heute Abend schon was vor? etc. (OK, die letzte Frage habe ich mir ausgedacht, aber es ist offensichtlich, dass er auf sie steht).
Nach etwa 15 Minuten darf sie weitergehen und ihre Taschen kontrollieren lassen. Die Männer in diesem Bereich tragen AK47-Gewehre über den Schultern. Als sie Jana bitten, ihnen ihre Medikamente zu zeigen, präsentiert sie hastig alles, was sie dabei hat.
Es ist schon spät und wir wollen schnell ein Hotel finden, in dem wir die Nacht verbringen können. Naja, ich auf jeden Fall. Die anderen scheinen sich nicht daran zu stören, dass es schon fast dunkel ist und wir neben einer Reihe von Lastwagen an der Grenze stehen. Ich drehe mich um und sehe, wie Moritz in die Luft guckt, Jana ein Foto von dem „schönen Sonnenuntergang“ macht und Jeremy sein nächstes Vlog-Video dreht.
Wir müssen uns innerhalb von 3 Tagen nach der Einreise in Usbekistan in einem Hotel registrieren lassen, um die Visabestimmungen zu erfüllen. Zum Glück ist das erste Gebäude hinter der Grenze ein großes Restaurant, das zusätzlich Zimmer vermietet. Wir sind einverstanden, 400000 So’m (30 €) für ein Vierbettzimmer zu zahlen, damit wir unseren Stempel bekommen. Die Einrichtung ist kein normales Hotel. Die Zimmer werden stundenweise vermietet. Außer einem Tisch und zwei Sofas haben sie nichts zu bieten. Das Personal stellt zwei zusätzliche Sofas in unser Zimmer und klappt sie dann zu Betten um.
Nach einem „KFC Chicken“ (wie es auf der Speisekarte steht) und einem Lagman für jeden von uns, ziehen wir uns in unser Zimmer zurück. Im Restaurant herrscht reger Betrieb und auf dem Gang laufen Kinder herum. Um 1 Uhr nachts setze ich meine Ohrstöpsel ein, um das Geschrei der Kinder und den Lärm auf dem Parkplatz vor unserem Fenster zu dämpfen. Sie funktionieren wunderbar. Ich schlafe sofort ein. Keine Ahnung, wann diese Kinder ins Bett gegangen sind!
Das erste Problem mit den Fahrrädern
Der kostenlose Kaffee am Morgen im Restaurant ist ein echter Lebensretter. Dann machen wir uns auf den Weg in die Wüste. Nach nur etwa 10 Minuten müssen wir anhalten. Moritz hat ein Problem mit seinem Fahrrad. Wir suchen Schutz im Schatten zwischen zwei geparkten Lastwagen und schauen uns den Schaden an seinem Rad an. Er muss ein Schlagloch getroffen haben, denn ein Riss zieht sich um die ganze Felge. Fast alle Speichen sind beschädigt. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Rad bald bricht, ist relativ hoch. Moritz braucht dringend Ersatzteile. Wir beschließen, bis zum ersten Dorf hinter der Grenze zu fahren: Karakalpakstan.
Wir heben Geld am Geldautomaten ab und finden einen Mann, der bereit ist, unser kasachisches Geld in usbekische So’m umzutauschen. Ich habe das schon ein paar Mal auf Reisen gemacht. Es kann ziemlich kompliziert werden. Als Ausländer rechnet man immer den Wechselkurs zu der Währung aus, die man am besten kennt (die Heimatwährung, also Dollar, Euro, Pfund usw.). Wenn man aber von einer Fremdwährung in eine andere wechselt, sind die Wechselkurse noch verwirrender. Zum Glück habe ich eine App mit den relevanten Währungen und ihren Kursen, so dass wir einen guten Preis aushandeln können. Wir verlieren nur etwa 2 %. Danke an die Technik. Millennials (und spätere Generationen) wie ich wären ohne sie verloren!
Per Anhalter durch die karakalpaksche Galaxis
Moritz Rad wird es nicht durch die Wüste schaffen. Irgendwie muss er in die knapp 400 Kilometer entfernte Stadt Nukus kommen. Der nächste Zug fährt erst in 16 Stunden, also beschließt er, sein Glück per Anhalter zu versuchen.
Jeremy, Jana und ich fahren weiter auf der Straße nach Nukus. Wir kommen nicht weit, bis ein Auto uns überholt. Jemand ruft „Heyyy“ in unsere Richtung. Es ist Moritz! Er sitzt in der Mitte eines vollgepackten Autos und sein Fahrrad ist mit Frischhaltefolie auf dem ebenfalls überfüllten Dach festgewickelt. In Zentralasien ist das ganz normal. Wir sehen regelmäßig Autos, deren Dächer so vollgepackt sind, dass die Höhe des Wagens sich damit verdoppelt: Kühlschränke, Waschmaschinen, Möbel, Säcke mit Kleidung und Motorroller etc. Es ist wie das Spiel Buckeroo*!
Alltag in der Wüste
48 Stunden Pech
In unserer Erinnerung trägt dieser Tag den Titel: 48 Stunden Pech. Nach Moritz‘ Fahrradpanne und unserem defekten Benzinkocher geht es mit den Problemen weiter. Wir schaffen etwa 10 km, bevor wir wegen Jeremys zweitem Platten des Tages wieder anhalten müssen. Er sitzt schweigend am Straßenrand. Jana und ich geben ihm einen Moment Zeit, dann helfen ihm dabei, den Schlauch zu wechseln. Nur ein paar Kilometer weiter auf der staubigen Straße hat Jana einen Platten. Es ist ärgerlich, aber irgendwie ist Jeremy froh, dass nicht nur er Probleme hat.
Als wir im Schatten eines überdimensionalen Baggers Mittagspause machen, bemerke ich, dass meine rechte Fahrradtasche irgendwie seltsam vom Gepäckträger baumelt. Oh nein, jetzt bin ich auch noch dran. Einer der Clips, mit denen die Tasche am Gepäckträger befestigt ist, hat sich während der Fahrt gelöst. Ich schlurfe zurück entlang der Straße und versuche, den Clip zu finden. Ich habe Glück. Er liegt ein paar hundert Meter entfernt im Sand.
Vor 48 Stunden waren wir eine Gruppe von 4 glücklichen Bikepackern mit voll funktionsfähigen Fahrrädern und Ausrüstung. Jetzt sind wir eine Gruppe von 3 sehr müden Radreisenden mit halb kaputten Fahrrädern und einem kaputten Kocher. Ah, die Freuden des Reisens in der 40+ Grad Celsius heißen Wüste auf sandigen Straßen mit wahnsinnigen viel Schlaglöchern.
Eine saftige Wassermelone
In den Supermärkten Zentralasiens werden wir oft komisch angeschaut. Vielleicht liegt es daran, dass wir Ausländer sind, oder dass unsere Kleidung verschwitzt und schmutzig ist. Die Leute sind auf jeden Fall erstaunt über die Menge an Lebensmitteln, die wir kaufen. Und darüber, wie wir es schaffen, alles auf unsere Fahrräder zu packen. Wir müssen hier ein paar Tage im Voraus planen, da wir nie sicher sein können, wann wir am nächsten Laden vorbeikommen.
Straßensperren und ein Interview in Kyrkkyz
Nach unserer 110 km langen Fahrt an mehreren Gasfeldern und einer riesigen Gasanlage vorbei, kommen wir spät im Ort Kyrkkyz an. Im Vergleich zu dem, was wir bisher in Usbekistan gesehen haben, ist Kyrkkyz eine ziemlich moderne Stadt. An einem Gebäude am Stadtrand ist ein Café ausgeschildert, also gehen wir hinein. Da wir die meisten Gerichte auf der Karte nicht kennen, bestellen wir Pelmini-Suppe, Lagman und Pommes zum Abendessen.
Wir sind nicht mehr weit von der Zivilisation entfernt. Als wir die Zelte am Rande von Kyrkkyz aufschlagen, fragen wir uns, ob dies unsere letzte Nacht in der Wüste sein wird?
Leider haben wir nicht genug Proviant für den nächsten Tag, so dass wir zurück nach Kyrkkyz fahren müssen. Auf dem Weg in die Stadt blockiert ein Panzer die Straße. Männer in Militäruniformen halten uns an. Da es im Allgemeinen empfehlenswert ist, anzuhalten, wenn jemand mit einer Waffe Fragen stellt, steigen wir von den Rädern. Nach einem kleinen „Interview“ (Wohin fahren Sie? Woher kommen Sie? Was wollen Sie kaufen? etc.), das wir mit Erfolg meistern, fahren wir weiter zum Supermarkt.
Der kleine Laden liegt direkt neben einer Schule und ist daher eher ein Süßwarenladen als ein Supermarkt. Wir finden ein paar Kleinigkeiten. Sogar ein morgendliches Eis gönnen wir uns. Einige Schulkinder, die vermutlich gerade Pause haben, stehen im Eingangsbereich des Ladens herum. Sie kichern über uns und unsere Fahrräder. Dann kommt eine etwa zwanzigjährige Lehrerin aus einem Klassenzimmer und fragt uns in fließendem Englisch, ob wir in ihre Unterrichtsstunde kommen würden. Es sind 6 Kinder in der Klasse, die alle in einer Reihe am Rande einer Bühne sitzen. Wir stellen uns vor und werden dann von der Lehrerin im Auftrag der Kinder befragt. Nach ein paar Selfies verlassen wir die Klasse mit einem guten Gefühl.
Das Bellagio in Kungrad
Wenn man in Usbekistan mit Karte bezahlen will, passiert etwas Seltsames. In Europa steckt man normalerweise seine Karte in ein Lesegerät, gibt den Pin ein oder unterschreibt eine Quittung. Hier nicht. Im Supermarkt in Kungrad bitte ich darum, mit Karte zu bezahlen. Die Dame an der Kasse nimmt meine Karte und steckt sie in ein Gerät, das sich außerhalb meiner Reichweite befindet. Dann fragt sie nach der Geheimzahl. „Ähmmmm, nein“, antworte ich. „Geben Sie mir das Kartenlesegerät, bitte“.
Jeremy, Jana und ich essen im Restaurant “The Bellagio” in der Nähe des Hotels. Es ist nicht mit dem Bellagio in Las Vegas zu vergleichen und hat kein Casino. Wir sitzen auf der Terrasse. Das Essen ist sehr lecker und es gibt erstaunlich wenige Mücken. Gegen Ende unseres Hauptgangs wird die Musik von drinnen lauter. Ich kann das Genre nicht wirklich beschreiben, aber es ist eine Mischung aus russischem Techno, lokalen usbekischen Balladen und zentralasiatischem Pop.
Draußen auf der Terrasse sitzen Gruppen von Männern, die Bier trinken und Snacks essen. Sie tragen kurze Hosen und Flip-Flops und sehen alle sehr entspannt aus. Frauen in hübschen Kleidern steigen aus ankommenden Taxis und steuern das Innere des Restaurants an.
Zum Zahlen müssen wir an die Bar gehen. Das Bellagio ist von innen kein normales Restaurant. Sobald man durch die Eingangstür geht, betritt man im Grunde eine Diskothek. Der große Raum ist schummrig beleuchtet, an den Wänden blinken Stroboskope und an der Decke hängen Discokugeln. Es gibt eine Tanzfläche mit einer kleinen Gruppe von Frauen, die im Kreis tanzen. Eine Menge anderer Gruppen sitzen an den Tischen und essen. Die Musik ist so laut, dass sie sich sicher nicht unterhalten können.
Wir tanzen ein wenig an der Bar, wo wir bezahlen müssen. Ich gebe an, dass ich mit Karte bezahlen möchte und überreiche meine Kreditkarte. Wie schon heute morgen im Supermarkt geht der Barkeeper zum anderen Ende der Bar, kehrt zurück und ruft so laut, dass man ihn hört: “ Wie lautet Ihr Pin?“.
Wir fragen uns, ob die Männer jemals nach drinnen oder die Frauen jemals auf die Terrasse gehen?! Vielleicht gibt es eine bestimmte Uhrzeit, zu der sich die Gruppen mischen?!
Gerichte der usbekischen Küche
Ein familiengeführtes Unternehmen
Verschwitzt und völlig erschöpft von der Hitze kommen wir nach einer 100 km langen Fahrt in Muynak an. Die Stadt liegt zwar nicht auf unserer Route, doch wir haben uns für den Umweg entschieden: Muynak liegt am Rand des ehemaligen Aralsees. Wo vor 50 Jahren einmal Fischerboote im Wasser auf- und abgeschaukelt sind, liegt heute ein Schiffsfriedhof in der Wüste. Am Rande eines Supermarktparkplatzes genießen wir einen Moment im Schatten und essen ein Eis. Jeremy und ich machen uns auf die Suche nach SIM-Karten, während Jana bei den Rädern bleibt.
Wir werden zu einem Friseursalon geführt, der scheinbar auch ein Telefongeschäft ist. Beim Betreten des Ladens sehen wir zwei Räume. Auf der rechten Seite befindet sich ein konventionell aussehender Friseursalon mit einem Mann mittleren Alters, der jemandem die Haare schneidet. Der linke Raum sieht aus wie ein Wartezimmer in einer Arztpraxis, allerdings mit einem kleinen Schreibtisch im hinteren Bereich. Hinter dem Schreibtisch sitzt ein 13-jähriges Mädchen. Freudig zeigt sie uns die verschiedenen SIM-Karten. Die monatlichen Tarife haben Preise, von denen wir in Europa nur träumen können: 4,10€ für 20 GB Datenvolumen, 1000 SMS und 1000 Minuten.
Bevor wir mit dem Bezahlen fertig sind, kommt der Vater (der Barbier) zu uns. Er beginnt, uns Fragen über unsere Reisen zu stellen. Auch die Mutter und der Sohn, etwa 10 Jahre alt, tauchen auf und beteiligen sich an dem Gespräch. Die Familie hilft uns dabei, unsere Telefone mit den erforderlichen Einstellungen zu konfigurieren. Wir verlassen den Laden als zufriedene Kunden.
Wie viele 13-Jährige in Europa könnten erfolgreich einen Telefonladen führen und Kunden in einer Fremdsprache bedienen?! Wir bemerken oft Unterschiede in der Kultur im Vergleich zu unserer Heimat, aber die Art und Weise, wie die Kinder hier in Zentralasien ins Familienunternehmen eingespannt werden, ist wirklich auffallend.
Sandsturm auf dem Schiffsfriedhof
Ein Geburtstag in Nukus
Ein Monopol der Autoindustrie
Es ist schwierig, es in Zahlen zu fassen, aber ich schätze, dass 80 % der Autos in Usbekistan weiße Chevrolets sind. Die Übrigen sind meistens Daewoos und mit Sicherheit ebenfalls weiß. In einem ehemaligen Sowjetland, das seit dem 31. August 1991 unabhängig ist, hätte ich nicht so viele Chevrolets (eine amerikanische Marke), erwartet.
Fun Fact: Alle dieser Chevrolets werden in Usbekistan hergestellt. Ursprünglich hat es sich um ein Gemeinschaftsprojekt mit Daewoo gehandelt. Die usbekische Regierung hat Autos als wichtigen Schritt zu größerem wirtschaftlichen Erfolg erkannt und ein Werk in Asaka errichtet. Nach der Übernahme von Daewoo durch General Motors wurden die Automodelle in Chevrolets umbenannt, weshalb es so viele davon gibt. Das Werk befindet sich heute im alleinigen Besitz der usbekischen Regierung, und jedes Jahr werden 250.000 Neuwagen produziert, von denen einige inzwischen auch auf den russischen Markt exportiert werden.
Ich habe noch andere Bemerkungen zum Thema Autos:
Wir sind noch nie so oft angehupt worden oder haben so viel Gehupe gehört wie hier in Usbekistan. Usbeken fahren wie die Verrückten und die Hupen sind unglaublich erschreckend, wenn das Auto so nah vorbeifährt. Außerdem fahren viele Autos neben uns her und brüllen: „Hey Tourist!“ oder „Woher kommst du?“ auf Russisch. Häufig rufen sie uns zu, winken und warten nicht einmal auf eine Antwort. Sie fahren einfach weiter.
Interessanterweise fahren die meisten Autos mit Gas und nicht mit Benzin oder Diesel. Ich bin mir nicht sicher, ob das gesund ist, aber man kann oft Gas riechen, wenn ein Auto vorbeifährt oder am Straßenrand geparkt ist. Aus Angst vor einer Explosion versuchen wir, einen großen Bogen um diese Autos zu machen.
Chiwa und Buchara - Erstaunliche Architektur
Wir dürfen uns 30 Tage lang visumfrei in Usbekistan aufhalten. Um sicherzustellen, dass wir alles sehen, was wir sehen wollen, buchen wir einen Zug für die 300 Kilometer lange Reise nach Buchara. Deutsche Bahn und National Rail sollten sich hier ein Beispiel nehmen, denn der Zug rollt absolut pünktlich aus Chiwa heraus. In der Economy Class bekommt jeder sein eigenes Etagenbett zugewiesen. Die unteren Betten lassen sich zu einem Tisch und Stühlen zusammenklappen. Der nächste Block von Betten wird von einer Gruppe von Frauen besetzt. Makhira und Mekhrigio, zwei Schwestern mit ihrer Mutter, ihrer Tante und ihren Cousinen, sorgen für Unterhaltung und versorgen uns auf der Reise mit Essen. Die Gespräche, die dank Google-Übersetzung erstaunlich gut laufen, sind angenehm. Nächstes Mal aber lasse ich die Pferdefleischstückchen weg.
In Buchara angekommen, treffen wir uns wieder mit Jeremy. Er spielt für uns den Reiseleiter bei einem nachmittäglichen Spaziergang und führt uns zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Die Straßen sind an diesem Abend voller Menschen, die extra wegen des Seiden- und Gewürzfestes unterwegs sind. Die Farben der untergehenden Sonne sind magisch, und bei Einbruch der Dunkelheit ist die Stadt noch sehr lebendig, beleuchtet und erfüllt vom Klang der Straßenmusiker. Ein echter Tourist zu sein, ist jedoch nur von kurzer Dauer. Am nächsten Morgen sind wir wieder auf den Rädern und fahren in Richtung Samarkand.
Gemischte Erfahrungen mit Telefon-Apps
Es ist fast schon zur Tradition geworden, dass wir nach dem Mittagessen ein Nickerchen auf Schlafmatten machen. Das Radfahren hier ist anstrengend und es ist tagsüber so heiß, dass wir versuchen, um 13 Uhr zum Mittagessen anzuhalten, von 14 bis 15 Uhr zu schlafen und dann so gegen 16 Uhr weiterzufahren.
In der Whatsapp-Gruppe Cycling East wird uns die Windy-App empfohlen. Wir haben oft Gegenwind, so dass wir mit dieser App in der Lage sein sollten, unsere Tage besser nach der Windrichtung zu planen. Viele Leute loben die Genauigkeit der App und erzählen, wie sie sie alle nutzen. Ich lade die App sofort herunter und informiere die anderen darüber, dass wir den ganzen Nachmittag Rückenwind und sonnigen, blauen Himmel haben werden.
Wir fahren los und haben definitiv keinen Rückenwind. Er kommt von der Seite. Nur etwa eine halbe Stunde später bemerken wir eine riesige braune Wolke zu unserer Linken. Sie wird immer größer und es dauert eine Minute, bis wir erkennen, was es ist. Ein Sandsturm! Es ist zu spät, um auszuweichen, die Wolke erstreckt sich vom Boden bis zum Himmel über den gesamten Horizont. Ehrlich gesagt ist es ziemlich beängstigend. So etwas habe ich noch nie gesehen.
Wir halten an und bedecken unsere Gesichter mit Schals, wobei wir unsere Sonnenbrillen als Augenschutz aufbehalten. Einen Moment später werden wir vom Sand verschlungen. Auch der Wind hat seine Richtung geändert und bläst uns jetzt ins Gesicht. Wir können noch atmen, aber der sandige Ruß klebt an unserer Haut und die Sicht ist schlecht. Die Autos rasen weiter an uns vorbei, während wir uns weiter durch den Sturm kämpfen. „Was für eine App! Wenn ich das überlebe, werde ich ihr bestimmt keine 5-Sterne-Bewertung geben!“, denke ich.
Nach insgesamt 110 km steuern wir auf eine möglichen Campingstelle zu, die Jana mit der iOverlander-App gefunden hat. Hoffentlich hat Jana mehr Erfolg mit ihrer App hat als ich mit der Wind-App. Der Ort zum Zelten erweist sich als traumhaft. Direkt neben der Stadt Navoiy, aber dennoch ruhig gelegen, mit eigenem Privatstrand am Fluss, sind wir überglücklich. Die Strömung ist zu stark, um zu schwimmen. Wir ziehen uns unsere Bikinis trotzdem an und waten knietief ins Wasser. Wir sind froh, den Sand, den Schweiß und das Salz von der Haut waschen zu können. Es ist unfassbar, wie anders die Landschaft hier im Vergleich zu vor ein paar Tagen ist. Normalerweise zelten wir mit Jeremy in der Wüste und haben nichts außer Kamelen um uns herum. Jetzt sind wir an einem Fluss, umgeben von fruchtbarem Land.
Der heutige Tag ist einzigartig. Wir überholen zum ersten Mal seit Beginn unserer Reise andere Radreisende. OK, sie haben bereits 60 km im Vergleich zu unseren 20 km zurückgelegt und sind müde, aber wir sind trotzdem glücklich. Vielleicht sind wir ja doch nicht so langsam. Heute ist auch der erste Tag seit unserer Ankunft in Zentralasien, an dem wir einen Hügel hinauffahren müssen. Als wir auf unseren nächsten Zeltplatz an einem See hinunterblicken, erinnern wir uns an einen Vorteil, den Hügel auch bieten können: schöne Aussichten!
Ein neugieriger Schäfer interessiert sich mehr für uns als für seine Schafe, als wir zum See hinüberstapfen. Aus der Ferne betrachtet, ist es vielleicht Jana in ihrem Bikini, für die er sich so sehr interessiert. Es könnte aber auch sein, dass er sich fragt, wie wir hier schwimmen gehen wollen, wenn das Wasser nur knietief ist. Na ja, wir können ja morgen richtig schwimmen gehen. Für unseren Aufenthalt in Samarkand haben wir ein Hotel mit Pool gebucht.
Ein Bisschen Lebensqualität in Samarkand
Das Green House Eco Hotel ist fantastisch. Dieses familiengeführte Hotel ist alles, wovon wir geträumt haben. Der Garten ist idyllisch und der Pool ist genau das, was der Arzt bestellt hat (im wahrsten Sinne des Wortes).
Die Stadt Samarkand ist eine 20-minütige Busfahrt entfernt. Wir zahlen beim Einsteigen in den Bus mit Karte, 1400 So’m pro Person (0,11 €). Seltsamerweise zahlen alle anderen, wenn sie aussteigen. Und teilweise in bar. Es gibt allerdings keine Scheine mit einem niedrigeren Wert als 1000 So’m, wie geht das denn?!
Samarkand ist außergewöhnlich und übertrifft unsere Erwartungen. Der Registan (ein berühmter Platz mit drei Madrassas) ist genauso schön wie imposant und die Lichtshow bei Nacht ist sehr beeindruckend.
Zurück im Hotel fragen wir Nelly, die Hotelbesitzerin, wie das mit dem Bus hier in Samarkand ist. Sie lacht und erklärt uns das System. Es gibt Münzen, aber nur alte Leute kümmern sich darum, denn sie können nur im Bus genutzt werden. Und die Leute zahlen am Ende, falls der Bus eine Panne hat. Sie findet es seltsam, als wir ihr erzählen, dass wir in Deutschland beim Einsteigen bezahlen. „Aber was macht ihr, wenn der Bus eine Panne hat? Ist es nicht ärgerlich, wenn der Fahrer jedem sein Geld zurückgeben muss?“ fragt sie. Wir gehen nicht näher darauf ein, welche bürokratischen Hürden es mit sich bringt, irgendetwas von den Behörden erstattet zu bekommen, aber sie scheint positiv überrascht zu sein, dass die Busse in unseren Ländern nicht mehrmals pro Woche Pannen haben.
Wir sitzen am Pool und versuchen, den Glauben der Besitzerin zu respektieren: Unser Bier trinken wir aus Apfelsaftflaschen. Nelly lehnt sich aus ihrem Küchenfenster neben dem Pool und fragt, ob es uns gut geht. Dann sagt sie: „Warum trinkt ihr kein Bier? Alle anderen deutschen Touristen trinken Bier.” Als wir ihr die Wahrheit sagen, kann sie sich das Lachen nicht verkneifen. Ich glaube, wir hätten einfach fragen sollen.
Usbekistan beginnt mit einer Fahrt durch die Wüste und endet mit einem Bier am Pool. Was für ein Land. Was für eine Reise.
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