Italien, Slowenien, Italien und wieder Slowenien
Drehen wir uns im Kreis?
Inhaltsverzeichnis
Sofortiger Heißhunger
Nachdem wir Österreich verlassen und mit Ezter und Varun eine tolle Nacht in Villach verbracht haben, machen wir uns wieder auf den Weg und fahren über Italien nach Slowenien.
Es ist gerade Mittagszeit und so gut der Radweg auch ist, sobald wir die italienische Grenze überqueren, haben wir sofort Lust auf Pizza! Wir gehen zum ersten Mal seit meinem Geburtstag auswärts essen und verspeisen zwei riesige Pizzen, die wir mit mehreren Coca-Colas runterspülen. Zum Abschluss des Mittagessens trinken wir ein paar typisch italienische Espressos und rasen dann vollgepumpt mit Koffein in Richtung slowenische Grenze.
Viel los am leeren See
Der Radweg, der von Tarvisio in Italien nach Slowenien führt, ist genial. Er ist eine umgebaute Eisenbahnstrecke mit perfekt asphaltierten Wegen und einer überwältigenden Umgebung. Der Radweg führt an schönen Flüssen und kleinen Wasserfällen vorbei und bietet unglaubliche Ausblicke auf die Julischen Alpen im Süden. Es ist wohl der beste Radweg, den wir bisher gefahren sind. Wir übernachten auf dem Campingplatz Spik, der gleich hinter den Skipisten und Kranjska Gora liegt, einem hübschen, kleinen, gepflegten Touristenort.
Nach den Eskapaden in Österreich brauchen wir eine weitere Pause, und Kranjska Gora und dieser Campingplatz, von dem aus wir eine großartige Aussicht auf die umliegenden Berge haben, scheint ein guter Ort für einen Zwischenstopp zu sein.
An unserem freien Tag beschließen wir, aktiv zu bleiben und zum Jasna-See zu wandern. Trotz der Schilder, die darauf hinweisen, dass Schlangen den Weg kreuzen könnten, ist die Wanderung zum See angenehm. (Im Nachhinein betrachtet ist der Fluss auf dem Weg zum See vielleicht sogar besser als der See selbst, da er nicht so überlaufen ist).
Das Wasser ist kristallklar und die Kulisse atemberaubend (daher auch der Name „Jasna“, ein weiblicher Name, der „klar“ bedeutet). Die Gegend ist überfüllt von Touristen, aber seltsamerweise befinden sich alle Menschen um den See herum und kaum jemand schwimmt im Wasser.
Es ist ein heißer Tag, also ziehen wir uns um und gehen in unserer Badebekleidung an den Rand des Sees. Ich tauche meinen Fuß ins Wasser, wowwww, ok, jetzt verstehe ich, warum niemand im Wasser ist. Es ist eiskalt!! Ich weiß nicht, ob ich jemals so kaltes Wasser auf meiner Haut gespürt habe.
Ich versuche mutig zu sein, humple über die Steine ins Wasser und tauche ein. Jana macht das Gleiche, wenn auch etwas langsamer. Nach einer Minute sage ich, dass ich genug habe, worauf Jana antwortet: „Ach, so schlimm ist es gar nicht, wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat. Wollen wir zum anderen Ufer schwimmen?“ Keine Chance, ich bin raus aus dem Wasser! Wir finden einen Platz zum Lesen neben dem See und nach einer Weile steht Jana auf und geht noch einmal ins Wasser. Die spinnt!
Von eisigem Wasser zum warmen Bad
Am 3. Juli verlassen wir den Campingplatz und machen uns auf den Weg zum Bleder See. Wir radeln über Mojstrana auf dem Radweg des Radovna-Tals durch den Triglavski-Nationalpark. Ich muss hier anmerken, dass dies nicht der Weg ist, den unsere Navigations-App uns vorgibt, sondern eine „Piper-Route“. Bis Mojstrana geht es nur bergab. Danach geht es jedoch 3 km geradewegs bergauf. Die Schinderei bergauf wird von Jana’s Jammern darüber begleitet, dass ich ein schlechter Routenplaner sei und dass es keine Hügel gegeben hätte, hätten wir die normale Route über Jesenice genommen.
Der Kampf bergauf wird jedoch durch wirklich großartige Ausblicke auf die umliegenden Berge belohnt, während wir wieder ins Tal hinunterfahren. Wir scheinen einem Fluss entlang des Tals zu folgen, und da es Mittagszeit ist, entscheiden wir uns, für ein Picknick anzuhalten. Wir stellen uns beide vor, unsere Campingstühle im seichten Wasser des idyllischen Flusses aufzustellen und mit den Füßen im Wasser baumelnd zu essen.
Die Fahrräder bereiten wir vor und bepacken uns wie Lastesel, um alles zum Fluss zu tragen. Am Flussufer ziehen wir unsere Schuhe aus und steigen ins Wasser. Es fühlt sich an, als ob Dolche aus Eis sich durch unsere Füße bohren. Wenn wir dachten, der Jasna-See sei kalt, dann ist das hier eine ganz andere Nummer. Vor lauter Schmerz können wir unsere Füße nicht länger als ein paar Sekunden im Wasser halten. Wir verwerfen die Idee, unsere Stühle ins Wasser zu stellen und setzen uns stattdessen für unser Picknick ans Ufer.
Nach einem langen Fahrtag kommen wir am späten Nachmittag am Bleder See an. Wir nähern uns dem See von Norden und fahren bergab, bis wir auf der Höhe des Sees ankommen und sind sofort von seiner Schönheit überwältigt. Wir umrunden den See gegen den Uhrzeigersinn und halten auf halber Strecke an einem Strand an der Südwestseite an.
Mit den umliegenden Bergen, der Insel und dem Schloss ist es leicht zu verstehen, warum der See in der Sommersaison täglich von vielen Menschen besucht wird. Es ist wieder ein heißer Tag und wir wollen unbedingt ins Wasser. Im Vergleich zu anderen Wasserquellen, die wir bisher in Slowenien erlebt haben, ist der Bleder See wie eine Badewanne! Vielleicht liegt es auch daran, dass die vielen Menschen im Wasser das Wasser aufheizen?! Schön.
Schlechte Erinnerungen an die Kindheit
Nach einer Nacht Wild Camping fahren wir zum Bohinj See, der nur wenige Kilometer entfernt liegt. Im Vergleich zum Bleder See ist Bohinj See ein viel ruhigerer und kleinerer See. Wir gönnen uns einen Campingplatz am Westrand. Im Vorbeifahren scheint der Platz voll zu sein, aber man sagt uns, dass wir unser Zelt überall aufstellen können, außer am Strand.
Das erklärt, warum der Platz so voll aussieht: Zelte, Wohnwagen und Wohnmobile stehen im ganzen Wald bis hinunter zum Strand dicht beieinander. Die Einrichtungen des Platzes sind hervorragend und der Bar-/Restaurantbereich ist gut besucht. Wir setzen uns gerne in den Barbereich und trinken ein paar Gläser tschechisches Bier – Kozel – vermutlich das einzige Bier, das hier verkauft wird, weil so viele Tschechen in der Region Urlaub machen.
Später, während Jana das Zeltinnere vorbereitet, beginne ich mit der Zubereitung des Abendessens und räume die Fahrräder auf. Plötzlich spüre ich ein brennendes Gefühl in der Nähe des Fingerknöchels zwischen zwei Fingern. Aua! Ein Wespenstich. Ich kann mich nicht erinnern, seit meiner Kindheit gestochen worden zu sein. Ich kämpfe mit den Tränen und gehe zum vorderen Teil des Zeltes, wo Jana sitzt. Jana trägt Fenistil-Gel und ein anderes Spray auf, aber sie gibt mir nicht das, was ich wirklich will… jede Menge Mitleid. Also renne ich wie ein Kind hinunter zum See (wahrscheinlich wie beim letzten Mal, das ich gestochen worden bin).
Ein paar Minuten später komme ich zurück und bekomme endlich das erhoffte Mitgefühl, wenn auch sicherlich sarkastisch, von Jana. Ich überlebe es gerade so und mache mit meinen Aufgaben weiter.
Der Stuntman und ein bisschen Luxus
Wir verlassen Bohinj und radeln in Richtung Kranj, wo wir auf einem Campingplatz am Fluss Sava übernachten. Nur noch eine Nacht im Zelt, bevor uns Penny und Graham in ihrem Haus in Apno, in den Bergen nördlich von Ljubljana, mit purem Luxus verwöhnen.
Wegen des steilen Aufstiegs zu ihrem Haus sind sie so nett und bieten uns an, uns von einer nahe gelegenen Stadt abzuholen und zum Haus zu fahren. Wir kommen ein paar Minuten vor der vereinbarten Abholzeit an und warten neben einem Park. Mir fällt auf, dass sich gleich daneben ein Skatepark mit einer Art Fahrrad-Assault-Parcours mit Rampen und Steilkurven befindet.
Da ich nicht viel zu unserem Social-Media-Konto beitrage, beschließe ich, die Gelegenheit zu nutzen, um einige Inhalte zu erstellen. Ich habe Kinder im Alter von 5 bis 8 Jahren auf Inline-Skates und Fahrrädern auf einem solchen Parcours in der Nähe unseres früheren Wohnortes in Frankfurt gesehen. Ich denke also, es wäre einfach und würde Spaß machen, mit meinem bepackten Fahrrad den Parcours zu fahren, während Jana mich filmt. Das Rad schiebe ich zur ersten Rampe.
Die Startrampe herunterzufahren ist überraschend einfach und ich meistere die ersten paar Hindernisse wie ein Profi-BMXer bei den Olympischen Spielen (so sieht es zumindest in meinem Kopf aus). In der ersten Kurve verliere ich die Kontrolle und das Fahrrad rutscht unter mir weg. Zum Glück strecke ich ein Bein aus und schaffe es irgendwie, auszuweichen, während mein Rad flach auf den Boden fällt.
Take 2, 3, 4 und 5 sind alle ähnlich. Ich falle jedes Mal fast auf mein Gesicht. Nach dem 5. Versuch steige ich jedoch wieder auf das Rad und fahre weiter um den Skatepark. Jana filmt die ganze Zeit und kichert dabei. Zum Glück lassen sich Videos schneiden und in den sozialen Medien mit Ton versehen. Nach einer Steven Spielberg -esque Bearbeitung ist mein erstes Video für die sozialen Medien ein Meisterwerk; ich sehe aus wie ein wagemutiger Stuntman. (In Wirklichkeit sehe ich eher aus wie Rod Kimble aus Hot Rod – ein mega Film übrigens – als wie Evel Knievel).
Ein paar Tage mit Penny und Graham zu verbringen, ist ein absoluter Traum. Gutes Essen, Wein, Unterhaltung und viel Entspannung ist genau das, was wir brauchen. Wir lernen schnell die Leidenschaft kennen, die Penny und Graham für ihre zweite Heimat haben, und verstehen vollkommen, warum. Slowenien ist unglaublich und ein Highlight ist definitiv die Aussicht von Penny und Grahams Terrasse. Phänomenal.
Wir holen uns ein paar Tipps für die Gegend und planen den Rest unserer Route durch Slowenien über Italien (wieder) nach Kroatien. Ich habe schon einiges für die nächsten Tage organisiert, da Jana’s Geburtstag bevorsteht. Jana versucht ihr Bestes, meine Pläne zu durchkreuzen, indem sie fragt, ob wir länger an einem Ort bleiben oder eine andere Route nehmen können. Nein, Jana, wir fahren nach Ljubljana!
Die Legende der "White Pista"
Ljubljana ist nur eine Tagesreise von unserem Zufluchtsort in den Bergen entfernt, und so kommen wir an einem Freitagabend an, gerade rechtzeitig, um Janas erste Geburtstagsüberraschung zu sehen … das Apartment, das ich für das Wochenende gebucht habe. Wir verbringen allerdings nicht allzu viel Zeit in der Wohnung, denn freitags findet in Ljubljana ein Streetfood-Festival („Open Market“) statt.
Wir sind große Foodies, und wenn uns eine Stadt gefällt, dann liegt das oft am Essen! Ljubljana ist eine kleine Stadt. Die Geschichte, die Architektur und die Niedlichkeit der Stadt sind toll, aber was uns am meisten auffällt, sind die jungen, positiven Vibes. Auf dem Markt genießen wir verschiedene Gerichte, die perfekt zu Gin Tonics passen (unsere ersten „Cocktails“ seit langem).
Wir verlängern unseren Aufenthalt in Ljubljana um ein paar Nächte und schlafen in einem Zelt auf dem Dach eines Hostels. Die Tage verbringen wir damit, durch die Stadt zu schlendern und uns die Sehenswürdigkeiten anzuschauen.
Das Wetter ist gut, und weil wir so tolle Touristen sind, brauchen wir Eis!
Weiter zur nächsten Empfehlung. Cacao. Nein, nicht das Getränk. Ein Eiscafé.
Ich bin der Meinung, dass der Satz: „Das ist das beste Eis, das ich je gegessen habe“ völlig überbeansprucht ist. Leute scheinen ihn oft zu sagen, vielleicht ohne es zu merken. Es ist fast so, als müssten sie ihn in ihrem jährlichen Sommerurlaub mindestens einmal sagen, sonst wäre ihr Urlaub nicht vollständig.
Nun, wir sind nicht im Sommerurlaub, aber das Eis mit dem Geschmack „White Pista“ (weiße Schokolade und Pistazie) von Cacao in Ljubljana ist definitiv das beste Eis, das ich je gegessen habe, es stellt alle anderen Eissorten in den Schatten.
Ich bestelle oft etwas in Restaurants oder Bars und ertappe mich dabei, wie ich das Bestellte mit Jana teile. Das White Pista Eis ist eben eines dieser Dinge. Nach dem ersten Probieren bin ich völlig hin- und weg. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Zuerst denke ich: OK, Joel, bleib cool, versuch Jana davon abzubringen, dein Eis zu probieren, sonst war’s das, du kriegst es nicht zurück. Dann überlege ich: ” Wenn White Pista so gut ist, dann ist das Eis von Jana vielleicht genauso gut oder sogar besser.
Wie bei den meisten Dingen ist es egal, was ich denke, Jana greift nach dem White Pista und reicht mir ihr Eis. Das Leben verändert sich. Für Jana, nicht für mich. Die Tatsache, dass weder ich noch Jana sich erinnern können, was sie überhaupt bestellt hat, sagt alles. Jana’s Eis ist gut, aber es ist nicht mit White Pista zu vergleichen.
Giuseppe, danke für die Empfehlung (und die Freundschaft), du hast unser Leben verändert!
Keine Bären, aber die Höhlen sind trotzdem schön
Auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel, Triest, entscheidenwir uns für einen Campingplatz in der Nähe einiger Höhlen. Wir sind uns nicht sicher, ob es an der Hitze, den Hügeln, der Anzahl der in Ljubljana verzehrten Eiskugeln oder daran liegt, dass wir seit einer Woche nicht mehr auf dem Rad gesessen haben, aber es ist richtig anstrengend!
Das Camp Speleo ist super, und obwohl wir nur einen Tag gefahren sind, beschließen wir, einen freien Tag einzulegen und die Höhlen zu erkunden, sowie uns ein Mittagessen zu gönnen. Pizza steht natürlich auf dem Programm, und wie sich herausstellt, schaffen wir an unserem freien Tag trotzdem 22 km auf den Rädern! Slowenien, du warst fantastisch!
Widerlegte Konzepte, die Bikepacking für immer verändern würden!
Ein neuer Tag und ein neues Land. Italien, schon wieder. Ich schließe diesen Blogartikel dort ab, wo er begonnen hat. Nein, wir fahren nicht im Kreis, obwohl es sich an manchen Tagen so anfühlt. Werfe einen Blick auf die Karte, um unsere Route zu verfolgen!
Es ist ein herrlicher Tag, und die Wetter-App auf meinem Handy sagt, dass die Lufttemperatur 33 Grad Celsius beträgt, während wir die Hügel am Stadtrand von Triest hochfahren. Triest liegt natürlich auf Meereshöhe, aber wir werden auf einem Campingplatz in den Hügeln im Nordosten der Stadt übernachten.
Wir fahren den ganzen Tag in der Sonne, und als wir an einem der vielen Anstiege eine Trinkpause einlegen, werfe ich einen Blick auf den Fahrradcomputer an meinem Lenker: Er zeigt 45 Grad an! Der Anblick, der sich uns bietet, als wir am Eingang des Campingplatzes ankommen, entschädigt uns für den Schweiß, den wir den ganzen Tag über produziert haben. Grandios.
Im Bett in unserem Zelt lesen wir die Nachrichten, die Fahrer der Tour de France haben heute einen der härtesten Tage des gesamten Wettbewerbs gehabt. Sie haben 160 km mit 4500 Höhenmetern zurückgelegt. Wahnsinn. Wir haben heute mit unseren 50 km und 800 Höhenmetern zu kämpfen gehabt!
Beim Verlassen von Triest und dem Camp Obelisco erwartet uns eine 24%ige Abfahrt ins Stadtzentrum. Es ist so steil, dass wir Pausen einlegen müssen, weil unsere Hände vom starken Bremsen verkrampfen! Obwohl es bergab geht! Es ist deprimierend, weil wir wissen, dass wir heute Abend von Meereshöhe wieder auf 600 m ansteigen müssen, nachdem wir die Südspitze Sloweniens durchqueren und in der Nähe von Buzet nach Kroatien einreisen. Von Italien nach Slowenien und weiter nach Kroatien in einem Tag.
Auf einem der vielen Anstiege in Slowenien beginne ich darüber nachzudenken, wie cool es wäre, wenn die Theorie der “Flat Earthers” stimmen würde. Nicht in dem Sinne, dass die Welt eine Scheibe ist, sondern dass der Name der Verschwörungstheorie wörtlich wahr und die Welt flach wäre, ohne Hügel! Wenn das wahr wäre, wären wir wahrscheinlich schon in Südostasien.
Einen Blogartikel zu schreiben ist sehr zeitaufwendig und wir sind beim Posten auf gutes Internet angewiesen, sodass unsere Erlebnisse hier oft einige Wochen zurückliegen. Wo wir aktuell sind, könnt ihr auf dieser Karte bzw. über unseren Instagram-Account verfolgen!