Mit dem Fahrrad durch Kambodscha
„Seid vorsichtig in Kambodscha!"
„Es ist sehr gefährlich dort. Die Menschen sind verbittert und korrupt. Betrüger werden versuchen, euch abzuzocken. Hotelangestellte werden sich in eure Zimmer schleichen und eure Dollar-Scheine heimlich gegen Fälschungen austauschen. Das Essen ist schlecht und überteuert.“
Das sind nur einige Beispiele von Warnungen, die uns auf dem Weg in Richtung Kambodscha zugerufen werden. Klar, dass wir ein wenig besorgt sind, als wir die kambodschanische Grenze überqueren. Es stellt sich heraus, dass Kambodscha, was Gastfreundlichkeit und Sicherheit angeht, nicht von anderen Ländern abweicht, die wir bisher bereist haben. Wir begegnen herzlichen Menschen, besuchen beeindruckende Tempel der Hochkultur der Khmer und setzen uns mit Kambodschas finsterer Vergangenheit auseinander. Bald verstehen wir: Kambodscha ist nicht schwarz und nicht weiß, sondern bunt!
Ein Radreise-Artikel über ein zu Unrecht vorverurteiltes Land.
Bei mit (*) gekennzeichneten Links handelt es sich um sog. Affiliate-Links. Durch Klick auf diese Links erhalten wir ggf. eine Provision. Als Amazon Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen. Es entstehen keine Mehrkosten für euch und mit etwas Glück können wir uns von den paar Cents, die wir dabei verdienen, am Ende der Reise ein Bier teilen Dankeee
Inhaltsverzeichnis
- Verdorrte Landschaften und bunte Städte
- Zwischen Müll und Landminen
- Siem Reap und das UNESCO-Weltkulturerbe Angkor Wat
- Ratten als Helden
- Die Gastfreundschaft des Englisch-Lehrers
- Das Tuol-Sleng Genozid-Museum
- Wir sind dort, wo der Pfeffer wächst!
- Vom Traum zum Albtraum und zurück
- Eine Wasserschlacht und ein Gewitter
Verdorrte Landschaften und bunte Städte
Hinter der laotischen Grenze gibt es erstmal … nichts. Die marode, staubige Straße führt die nächsten 50 Kilometer schnurgeradeaus durch einen verdorrten Wald mit kargen Bäumen. Der erste Ort auf unserem Weg, Stung Treng, überrascht uns in mehrerer Hinsicht. In der Stadt, die größer erscheint als sämtliche Orte in Südlaos, gibt es bunt geschmückte Läden und Stände mit Unmengen an frischem Gemüse. In der großen Markthalle kann man sich zwischen Obst, Fleisch, Kosmetikprodukten, Fisch und Kleidung geradezu verlaufen. Zu unserer Freude sind die Preise hier auch nicht anders als in Laos: Auf dem Markt essen wir Reis mit gebratenem Fleisch und Ei für 10.000 Riel (ca.2,50€) und unser Hotel kostet 15$ die Nacht.
Auf unserem Weg nach Westen ändert sich landschaftlich wenig. Es ist der letzte Monat der Trockenzeit, sodass die Bäume und Sträucher vertrocknet sind. Die Sonne brennt unbarmherzig auf unsere Arme und Oberschenkel und der Straßenrand ist gesäumt von Mango- und Cashew-Plantagen. Gefühlt laufen uns hier noch mehr Kinder „Hello“-rufend hinterher, als in Laos. Falls das überhaupt möglich ist.
Zwischen Müll und Landminen
Aus der Zeit des kambodschanischen Bürgerkrieges gibt es noch 4-6 Millionen Landminen und nicht-explodierte Kriegsmunition, verteilt über das ganze Land. Niemand kann mit Sicherheit sagen, welche Gebiete kontaminiert sind, denn Kartierungsdokumente wurden entweder gar nicht angelegt oder zerstört. Zur Sicherheit bleiben wir immer in der Nähe der Hauptstraße und campen in menschengemachten Unterständen, wie kleinen Hütten. Unweit der Straße zimmern zwei Männer auf einer großen Baustelle an einem hölzernen Unterstand. Auf Nachfrage bieten sie uns an, unser Zelt im frisch gezimmerten Unterstand aufzubauen.
Überglücklich nehmen wir das Angebot an und bieten den beiden zwei kleine Flaschen Wasser an. Nach einem kurzen Gespräch machen die Männer Feierabend und fahren mit ihrem Moped nach Hause. Die leeren Plastikflaschen werfen sie einfach auf den Boden neben dem Unterstand. In Kambodscha völlig normal. Wie in Laos gibt es keine staatliche Müllabfuhr, sodass die Menschen den Müll in die Natur werfen, damit sie ihn nicht selbst verbrennen müssen. Als die Männer auf ihrem Roller abgedüst sind, sammeln wir die Flaschen in unseren Müllbeutel. Den werden wir beim nächsten Geschäft in einen Mülleimer werfen.
Wir machen das aus Prinzip, aber seien wir ehrlich: Ändern tut das nichts. Die Geschäftsinhaber werden den Müll am nächsten Abend verbrennen und dabei allerlei giftige Chemikalien einatmen. Oder sie entsorgen den Müll anderweitig, sodass unsere Plastikflaschen 1 km weiter wieder in der Natur landen. Egal was man macht, es ist und bleibt ein Teufelskreis.
Siem Reap und das UNESCO-Weltkulturerbe Angkor Wat
Nach vier Tagen Staub, Hitze und Einöde nimmt der Verkehr auf einmal zu. Wir müssen uns im zähfließenden Verkehr einen Weg zwischen LKWs, Tuktuks und Motorrädern bahnen. Das kann nur eines bedeuten: Wir haben Siem Reap erreicht. Einst nur ein kleines Dorf im kambodschanischen Regenwald, ist die Stadt Siem Reap seit der Wiederentdeckung und Restaurierung der Tempelstadt Angkor zu einem der bedeutesten Touristenziele in Südostasien herangewachsen. Hier gönnen wir uns die volle Ladung Luxus: Ein Hotel mit Klimaanlage, Pool und Frühstücksbuffet. Am darauffolgenden Tag verlassen wir unser Zimmer bei Tagestemperaturen zwischen 40 und 45°C kaum.
Doch der Hauptgrund, weshalb wir uns bei der Hitze 5 Tage lang durchs Inland gequält haben, ist die alte Khmer-Hochburg Angkor (= Stadt) mit dem Weltkulturerbe Angkor Wat (= Tempel). Um der Tageshitze auszuweichen, fahren wir am nächsten Morgen bereits um 04:50 am Hotel mit den Rädern los. Obwohl es noch dunkel ist, sind die Straßen von Siem Reap schon geschäftig. Die Einheimischen versuchen, ihre Angelegenheiten zu erledigen, bevor die 40°C-Marke (etwa um 09:30) erreicht wird.
Nachdem unser völlig überteuerter Angkor-Wat Ausweis mit Foto (37$ pro Nase!!) mindestens dreimal kontrolliert worden ist, schaffen wir es pünktlich zum Sonnenaufgang um 06:30 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Wir sind nicht die einzigen. Etwa 200- 300 Menschen haben sich um den künstlich angelegten See vor dem weltberühmten Tempel versammelt, Spiegelreflexkameras sind neben gezückten Smartphones auf Stativen aufgebaut. Jeder drängelt, um den besten Platz für ein Foto zu ergattern. Zum Leidwesen der Hobbyfotografen, die seit zwei Stunden auf diesen einen Moment gewartet haben, ist der Sonnenaufgang heute ziemlich unspektakulär.
Die Tempelanlage von Angkor Wat sowie die umgebende Stadt Angkor sind Schätzungen zufolge bereits im 11. Jahrhundert n.Chr. durch die Khmer erbaut worden. Nach einer turbulenten Geschichte mit mehreren Machtwechseln im 19. Jahrhundert wurde die Region besiedeltes Gebiet aufgegeben und vom Dschungel verschluckt. Erst später, während der französischen Kolonialherrschaft erkannten internationale Forscher die historische Bedeutung der Bauwerke und begannen mit deren Restaurierung. Dass Angkor Wat selbst zu diesem Zeitpunkt noch erstaunlich gut erhalten war, liegt unter anderem an den extensiven künstlich angelegten Wassergraben, die den Regenwald in Schach gehalten haben.
Nach zwei Stunden im Labyrinth aus Innenhöfen, Galerien, Touristen und Figurenreliefen, kommen wir um 8:30 völlig verschwitzt wieder zurück zu unseren geparkten Rädern.
Zeit, zurück ins Hotel zu fahren und zu frühstücken. Nach einem unglaublichen Frühstücksbuffet und einer halben Stunde Runterkühlen in unserem klimatisierten Zimmer hängen wir in den heißesten Stunden des Tages am Pool ab.
Am späten Nachmittag fahren wir zurück nach Angkor, um die ganze Stadt zu besichtigen. Die einst prestigeträchtige Stadt der Khmer mit verschiedenen Tempelanlagen, Kanälen und Siedlungen ist riesig. Obwohl wir den Komplex vorher auf der Karte angeschaut haben, haben wir die Größe eindeutig unterschätzt.
Zwischen zahlreichen Tempeln, Türmen und typisch kambodschanischen Dörfern fahren wir fast 50 Kilometer mit unseren Rädern durch den Urwald. Als wir zu unserem Hotel zurückkommen, ist es bereits dunkel. Die UNESCO-Städte ist wirklich beeindruckend. Trotzdem bin ich bin froh, dass wir nur ein Tagesticket gekauft haben. Bei der Hitze macht Sightseeing einfach keinen Spaß und mal ehrlich: nach dem 10. Tempel sieht eh alles gleich aus!
Anzeige
Keine Lust mehr auf Lesen?
Jetzt auf Amazon.de ein Audible Probe-Abo* abschließen (jederzeit kündbar) und aus tausenden Hörbüchern auswählen.
Ratten als Helden
In den blutigen kambodschanischen Bürgerkriegen und anschließenden Konflikten übersähten die verschiedenen Konfliktparteien das Land regelrecht mit Landminen. Heute gilt Kambodscha als eines der vermintesten Länder der Welt. Demining Aktivitäten sind teuer und zeitaufwendig, sodass Kambodscha Schätzungen zufolge noch auf Jahrzehnte kontaminiert sein wird. Regelmäßig kommt es in ländlichen Gegenden zu Unfällen, die Hälfte der Opfer sind Kinder. Gerade vor diesem Gesichtspunkt scheint es unerträglich, dass es heutzutage immer noch Staaten gibt, die das internationale Übereinkommen über das Verbot von Anti-Personen-Minen nicht unterschrieben haben, darunter China, Russland und die USA.
Dass jedes Jahr Gebiete von Landminen befreit und für die Landwirtschaft freigegeben werden, ist unter anderem Verdienst der Nicht-Regierungsorganisation APOPO. Die Vereinigung nutzt den unglaublichen Geruchssinn der afrikanischen Riesenhamsterratte, um Sprengstoff in verminten Arealen und Tuberkulose in Sputumsproben von Infizierten zu detektieren.
Im APOPO-Center in Siem Reap buchen wir eine Führung und bekommen eine Demonstration davon, wie die Ratten Minen aufspüren. Der Vorteil gegenüber Hunden? DIe Ratten wiegen nur etwa 3 kg. Das Gewicht eines Spürhundes dagegen würde die Minen bereits zum Explodieren bringen. Wir sind begeistert von der Arbeit von APOPO, die neben dem offensichtlichen – das Land von Minen zu befreien – auch ein großer Arbeitgeber in der Region ist und die Wertschätzung von Tieren unter der Bevölkerung erhöht. Weiterführende Informationen findet ihr auf APOPOs Website.
Die Gastfreundschaft des Englisch-Lehrers
Wir sind auf dem Weg nach Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh. Neben der brutale Hitze raubt uns ein stetiger Gegenwind die Energie. Kein Wunder, dass wir beide abends nach einem 90 km Tag furchtbare Kopfschmerzen haben. In einem kleinen Laden, in dem wir unsere Wasservorräte aufstocken, fragen wir den Besitzer nach einem Platz zum Campen in der Nähe.
„Wie wäre es hier drüben?“, schlägt der Mann vor und zeigt auf einen kleinen Pavillon direkt neben seinem Laden. Überrascht stimmen wir zu. Der Pavillon steht zwar direkt an der verkehrsreichen Hauptstraße. Aber eine schlaflose Nacht ist uns lieber, als in einem Minenfeld zu landen. Rota, der Ladenbesitzer, ist Englischlehrer an der weiterführenden Schule der nächsten Stadt, sodass wir uns ein wenig unterhalten können. Wir dürfen das Badezimmer der Familie benutzen – ein Schuppen am Rande des Grundstücks, sauber, im typisch asiatischen Style mit einem Loch im Boden als Toilette und einem Wassereimer mit Schöpfkelle als Dusche.
Wir versuchen, uns bei Rota für die Gastfreundschaft zu bedanken und schlagen vor, am nächsten Tag mit in seine Schule zu kommen und mit den Schülern zu interagieren. Anders als in Europa beginnt der Unterricht mit einem Salutieren der Schüler zwischen 10 und 18 Jahren vor der kambodschanischen Flagge auf dem Hof und mit dem Singen der Nationalhymne. Wir sind überrascht von so viel Nationalismus und der eisernen Disziplin der Schüler. Alle stehen ordentlich in Reih- und Glied, niemand unterhält sich. Anschließend gehen wir mit in Rotas Klassenzimmer.
In dem schmucklosen, einstöckigen Betongebäude ist es schon um 07:00 wahnsinnig heiß. Es gibt keine Klimaanlage und die Fenster sind unverglast. Die etwa 30 Schüler zwischen 15 und 18 Jahre sitzen an Holzbänken, die an deutsche Schulen aus der Nachkriegszeit erinnern. Schüchtern sehen uns die Schüler an. Rota scheint eine ziemliche Autorität zu haben.
Kurz skizzieren wir am Whiteboard unsere Reise, dann fragen wir die Schüler nach ihrem Lieblingsgericht oder ihrem Traumjob. Hauptsächlich geht es uns darum, die Kids zum Englisch sprechen zu animieren. Die Englisch-Skills der Schüler sind sehr unterschiedlich und niemand meldet sich freiwillig. Nach ca. 20 Minuten haben wir allen Schülern mindestens einen Satz aus der Nase gezogen und machen uns nach einem Selfie wieder auf den Weg. Die Schüler begleiten uns bis zum Tor. Jetzt, da sie nicht mehr im Klassenzimmer sind, ist alle Schüchternheit verflogen und wir werden mit Fragen bombardiert. Geht doch!
Einige Tage später erreichen wir Phnom Penh. Der Unterschied zum ärmlichen Landleben ist gewaltig: Zwischen den typischen lokalen Marktständen und dem Gehupe der Mopeds und Tuktuks erwarten uns makellos geteerte Straßen, Wolkenkratzer und hippe Cafés.
Das Tuol-Sleng Genozid-Museum
Ein kleiner geschichtlicher Exkurs: Die Katastrophe nahm ihren Anfang in den 1960er Jahren. Nach initialer Neutralität wurde Kambodscha in den von Stellvertreter-Kräften befeuerten Vietnam/Laos-Krieg hineingezogen. 5 Jahre später, nach Hungersnöten, dem Kollaps der Wirtschaft und unzähligen Toten, gewannen die Roten Khmer die Oberhand und riefen die Demokratische Republik Kampuchea aus. Was dann folgte, sollte als grausamer Völkermord in die Geschichte eingehen.
Unter der Führung von Pol Pot versuchten die roten Khmer ihre Utopie von einem sozialistischen und vollständig autonomen Staat mit Gewalt durchzusetzen: Menschen wurden aus den Städten gejagt und in Arbeitslager getrieben. Intellektuelle, Juristen, Ärzte und Lehrer wurden ebenso hingerichtet wie potentielle politische Gegner, Ausländer und religiöse Minderheiten. Schätzungen zufolge kamen durch Hinrichtungen, Mangelernährung und fehlende ärztlicher Versorgung 2,5 Millionen Menschen – 25 % der kambodschanischen Bevölkerung – zu Tode.
Das Genozid-Museum Tuol-Sleng in Phnom Penh befindet sich in einem alten Gymnasium, das unter den roten Khmer zum Hochsicherheitsgefängnis S-21 umgewandelt worden war. Die Gefangenen, die meistens nicht einmal wussten, warum sie festgenommen worden waren, mussten grausame Folterungen und Haftbedingungen ertragen. Die nüchtern und sachlich geschilderten Gräueltaten, unzählige Fotos und die Schädel Verstorbener zeichnen ein grausames Bild eines absolut skrupellosen Regimes.
Wir sind dort, wo der Pfeffer wächst!
Nach zwei Monaten Dürre und Trockenheit wird es in Richtung der Küste endlich ein bisschen grüner und kühler. In der Nähe von Kampot besuchen wir die La Plantation Pfeffer-Plantage. Hier wird der preisgekrönte Kampot-Pfeffer angebaut, den wir in einer “Pfefferprobe” sogar kosten können! Abends schlafen auf einem etwas heruntergekommenen, aber friedlichen Campingplatz unter einem Pavillon am See.
Zwischen Kampot und Sihanoukville wird die Hauptstraße dann zu einer staubigen Schotterpiste. Die zahlreichen, tonnenschweren LKWs, die an uns vorbeipoltern, wirbeln so viel Staub auf, dass wir mit Mundschutz fahren müssen. Die Menschen, die hier am Straßenrand leben und kleine Geschäfte betreiben, müssen fürchterlich unter dem Staub leiden. Ihre einfachen Holzhütten und die umliegenden Bäume und Wiesen sind mit einer gräulich-bräunlichen Staubschicht überzogen, die Waren sind zum Schutz vor dem Staub mit Plastiktüten abgedeckt.
Anzeige
Zeit für eine Kaffeepause!
Jetzt bei Amazon.de in einer großen Auswahl von Kaffeespezialitäten stöbern!
Vom Traum zum Albtraum und zurück
Unsere Zeit in Kambodscha wollen wir nach anstrengenden Wochen in der sengenden Hitze entspannt ausklingen lassen. Welcher Ort würde sich besser für so etwas eignen, als eine Trauminsel mit Palmenstränden? Mit der Fähre fahren wir von Sihanoukville aus zur Insel Koh Rong. Eigentlich ist es keine richtige Fähre, sondern ein Frachtboot, das etwa ein Dutzend Personen mitnimmt. Vor der Abfahrt stehen wir am Pier und beobachten interessiert, wie beladene Motorräder und Karren den Pier hoch- und runtertuckern. Kisten mit Getränken, Keksen, Obst, Treibstoff und sogar Eisblöcke werden in den Bauch des Schiffes geladen.
Als wir uns dem Pier am Traumstrand Longset Beach auf Koh Rong nähern, staunen wir nicht schlecht: weißer Sandstrand, Palmen und glasklares, türkisblaues Wasser. Da der Steg etwa 2 Meter höher ist, als das Deck, wird das Abladen der Räder und Taschen ein Balanceakt. Auch der lange Steg selbst, 1,50m breit und nur mit einem Seil gesichert, macht es kompliziert, die Räder zu bepacken, während sich Einheimische mit Kisten und Karren beladen an uns vorbeiquetschen. Am Ende ist es nur Glück, dass wir die Räder unbeschadet und ohne ins Wasser zu fallen bis zum Strand manövrieren können. Puh.
Koh Rong ist ein Traum. Auf wenig befahrenen, mit Betonplatten befestigten Wegen radeln wir einmal quer über die Insel zum 16 km entfernten Lonely Beach im Norden. Was uns dort erwartet, ist leider alles andere als traumhaft.
Es ist bereits stockdunkel, als wir nach einem Labyrinth durch den düsteren Regenwald die Rezeption des Lonely Beach Eco-Resorts erreichen. Die kleine Strandhütte, die wir gebucht haben, befindet sich leider nicht direkt am Meer. Stattdessen steht sie, dicht an dich mit einem Dutzend anderer Hütten etwa 100 Meter weiter im Wald. Und sie ist eine Enttäuschung: Zwischen den groben Holzbalken, aus denen die Unterkunft gezimmert ist, befinden sich fingerbreite Schlitze, sodass Insekten aller Art freie Bahn haben. Das Moskitonetz ist löchrig, der Boden ist voller Gecko-Exkremente, es gibt keinen Strom und somit auch keinen Ventilator. Wie sollen wir bei Temperaturen von über 30°C im windstillen Urwald schlafen?
Das Gemeinschaftsbad, ein kleiner Bereich 50 m weiter, hat zwar Wände, aber kein Dach. Entgeistert betrachte ich das kleine Fenster, das jedem Passanten einen Panorama-Blick auf die Toilette bietet!
Als sich nachts dann auch noch eine Ameisenstraße einen Weg durch das Mosquitonetz hindurch bahnt und über unsere schweißgebadeten Körper krabbelt, reicht es mir endgültig. Ich will nur noch weg.
Glücklicherweise zeigt sich der Besitzer des Öko-Resorts verständnisvoll und wir reisen am nächsten Morgen ab. Einige Kilometer weiter, im Dorf Prek Svay, finden wir eine kleine Pension mit klimatisierten Zimmern. Die beste Entscheidung! In den nächsten Tagen erkunden wir die Insel, genießen unsere Klimaanlage und feiern das kambodschanische Neujahrsfest mit den Einheimischen. Im Austausch für ein Abendessen und ein paar Bier werde ich von einem französischen Restaurantbesitzer engagiert, semi-professionelle Fotos von seinen Gerichten zu schießen. Vor allem Joel ist mit diesem Arrangement mehr als zufrieden.
Das kambodschanische Neujahrsfest auf Koh Rong
Eine Wasserschlacht und ein Gewitter
Zwei Fahrtage trennen uns von der Grenze zu Thailand. Wir verlassen Koh Rong am dritten Tag der Feierlichkeiten zu Sangkran, dem kambodschanischen Neujahrsfest. In dieser Zeit besuchen die meisten Menschen ihre Verwandten. Und die gelangweilten Kinder und Jugendlichen? Die stehen am Straßenrand, bewaffnet mit Wassereimern, Schläuchen und Wasserpistolen und übergießen die vorbeifahrenden Autos und Mopeds. Das rituelle Überschütten von Vorbeifahrenden mit Wasser steht für die Reinigung und den Neubeginn. In größeren Städten finden ganze Straßenschlachten statt!
Bei den aktuellen Temperaturen kommt uns die Abkühlung gerade recht. Die Jugendlichen hier sind offensichtlich keine “Barangs” auf Fahrrädern gewöhnt: Wir müssen förmlich darum betteln, einen Eimer Wasser über den Kopf geschüttet zu bekommen. Meistens werden wir sogar zuerst höflich gefragt!
An diesem Abend campen wir an einem kleinen Feldweg abseits der Hauptstraße. Kurz, nachdem wir das Zelt aufgestellt haben, fängt es an, zu gewittern. Es ist der erste Regenschauer, seit Laos. Unter anderen Umständen hätten wir uns wahrscheinlich über die Abkühlung gefreut. So aber stehen wir völlig durchnässt in der einsetzenden Dämmerung neben unserem Zelt und warten, dass es aufhört und wir uns abtrocknen können. Als es 20 Minuten später immer noch unablässig schüttet, entscheiden wir uns, eine “Dusche” zu nehmen. Während ich mir nur die Arme und Beine wasche, stellt Joel sich splitternackt in den Regen.
Kurz darauf hören wir das Geräusch eines sich nähernden Rollers. Ein Scheinwerfer blendet uns. Mist, ein Moped kommt genau auf uns zu! Joel schnappt sich die Yogamatte, um sein bestes Stück zu bedecken und hechtet hinter das Zelt außer Sichtweite. Ein Pärchen mittleren Alters hält neben uns an. Neugierig beäugen sie unser Zelt. Der Mann steigt ab und beginnt ein Gespräch mit mir. Als Joel, mit nach vorne gebeugtem Oberkörper und nur mit einer Yogamatte bedeckt hinter dem Zelt hervorlugt, verabschieden sich die beiden hastig und suchen das Weite. Ich frage mich, was sie sich wohl gedacht haben?
Am nächsten Tag passieren wir die Grenze nach Thailand.
Kambodscha hinterlässt bei uns einen bleibenden Eindruck. Ja, es ist ein traumatisiertes Land, in dem die Schere zwischen Arm und Reich größer wird und die Kriminalität zunimmt. Aber es gibt auch eine andere Seite von Kambodscha: In einem Land mit einer allgegenwärtigen Gefahr durch Landminen, einer schwachen Wirtschaft und einem unbarmherzigen Klima, geben die Menschen allen Widrigkeiten zum Trotz nicht auf, ihre Träume zu verwirklichen. Die Vermächtnisse der Khmer-Hochkultur, die fruchtbare Gegend um Kampot, in der der beste Pfeffer der Welt wächst und paradiesische Inseln fernab vom Massentourismus machen unseren Besuch unvergesslich. Kambodscha ist ein Land mit einer finsteren Vergangenheit und vielleicht, mit ein bisschen Glück und Geduld, mit einer strahlenden Zukunft.
Bei mit (*) gekennzeichneten Links handelt es sich um sog. Affiliate-Links. Durch Klick auf diese Links und Erwerb von Produkten unserer Partner erhalten wir ggf. eine Provision. Als Amazon Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen. Ihr unterstützt damit unsere Reise, es entstehen keine Mehrkosten für euch
Weitere Informationen findet ihr auch in unserer Datenschutzerklärung!
Einen Blogartikel zu schreiben ist sehr zeitaufwendig und wir sind beim Posten auf gutes Internet angewiesen, sodass unsere Erlebnisse hier oft einige Monate zurückliegen. Wo wir aktuell sind, könnt ihr auf dieser Karte bzw. über unseren Instagram-Account verfolgen!