Vietnam & Nord-Laos
Ein Gebirgsmarathon durch entlegene Dörfer
Berge? Was war das Nochmal?
Nach einer langen Winterpause geht es wieder los, und zwar so richtig! Im Neuen Jahr radeln wir durch den Norden von Vietnam und Laos, überwinden dabei über 25.000 Höhenmeter, erleben klirrende Kälte und sengende Hitze, reisen durch bettelarme Bergdörfer und wohlhabende Touristenorte. Wie Janas Bremsen fast versagen und wir am Ende mit einem kühlen Bier in der Hand über einen Fluss treiben, erfahrt ihr in diesem Artikel!
Bei mit (*) gekennzeichneten Links handelt es sich um sog. Affiliate-Links. Durch Klick auf diese Links und Erwerb von Produkten unserer Partner erhalten wir ggf. eine Provision. Als Amazon Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen. Ihr unterstützt damit unsere Reise, es entstehen keine Mehrkosten für euch
Inhaltsverzeichnis
- Stippvisite in Vietnam
- Kuriositäten im Vietnamesischen Hinterland
- Korruption an der Grenze
- Die vergessene Stadt des Widerstandes: Vieng Xay
- So. Viele. Höhenmeter.
- Phonsavan und die Ebene der Tonkrüge
- Ein irrwitziger Kontrast: Luang Prabang
- Die Mauer
- Tubing in Vang Vieng
- Vientiane – Sie haben Ihr Zwischenziel erreicht!
Stippvisite in Vietnam
Wir verbringen knapp drei Monate in Vietnam. In der Wahlheimat meines Bruders treffen wir uns zuerst mit meiner Familie und genießen dann die Weihnachtsfeiertage im schwülheißen Klima in Zweisamkeit. Auf weitere Details verzichte ich an dieser Stelle. Jeder von uns hat doch genug Bekannte oder Kollegen, die einen mit Bildern von Kokosnuss-Cocktails aus der Strandliege vollspammen. Ich schreibe lieber über unsere Radreise. Und die ist wahrlich nicht immer “Kokosnuss-Cocktail-Schlürfen”!
Mitte Januar 2024, 10:30. Ich bin nervös, als wir uns auf unsere Räder schwingen und durch kleine Gassen in Richtung Hauptstraße fahren. Das hat mehrere Gründe. Erstens sind wir seit über zwei Monaten nicht mehr Fahrrad gefahren. Zweitens habe ich mein Fahrrad nach dem Flug aus Tokio alleine wieder zusammengeschraubt. Hoffentlich funktioniert alles! Hinzu kommt, dass wir uns in der Millionenstadt Hanoi befinden. Die Hauptstadt Vietnams ist eine der verkehrsreichsten Städte der Welt, in der jede Straßenüberquerung zum Kunststück wird. Auf teilweise 5-spurigen Straßen schlängeln sich hunderte von Mopeds zwischen hupenden Autos im zähen Verkehr hindurch. Die Geräuschkulisse, die das Getümmel begleitet, ist gewaltig. Der Himmel ist trüb an diesem Montag Vormittag. Dicker Smog liegt über der Stadt.
Solange wir nicht abbiegen müssen, ist die Navigation gar nicht so schwierig. Auf den mehrspurigen Straßen gibt genug Platz zum Überholen für schnellere Verkehrsteilnehmer. Wenn wir an einer roten Ampel zum Stehen kommen, werden wir nicht weiter beachtet. In Hanoi sind zwei Bikepacker genauso normal wie Mopeds, die fünfköpfige Familien, Toilettenschüsseln oder meterhoch aufgetürmte Plastiksäcke transportieren.
In den Randbezirken der Stadt wird das Navigieren deutlich anspruchsvoller. Es regnet in unregelmäßigen Abständen und die Schlaglöcher am Straßenrand verwandeln sich in Schlammgruben. Wir teilen uns die Spur mit vollbeladenen LKWs, die in Deutschland sicher durch keinen TüV gekommen wären.
Komplett mit Schlamm besudelt kommen wir abends erschöpft im Little Bee Resort an, einem kleinen Hotel mit mehreren süßen Bambushütten. Obwohl es kalt ist, drehen wir die Klimaanlage voll auf. Aber es nützt nichts: Am folgenden Morgen sind unsere Klamotten immer noch triefend nass.
Wir fahren genau 2 Tage, 2 Stunden und 15 Minuten, bis wir unseren nächsten Pausentag einlegen. Wir müssen wirklich die schlechtesten Bikepacker der Welt sein. Die wunderschöne Umgebung des Touristenortes Mai Châu und insbesondere Lim’s Guesthouse sind einfach zu perfekt, um am nächsten Tag schon wieder aufzubrechen. Für knapp 13 € bekommen wir ein liebevoll eingerichtetes Doppelzimmer mit Terrasse, Bad und Frühstück. Der Streckenabschnitt, der vor uns liegt, wird für lange Zeit keinen derartigen Luxus mehr beinhalten.
Kuriositäten im vietnamesischen Hinterland
Je näher wir der Laotischen Grenze kommen, desto ärmlicher werden die Verhältnisse. Während wir uns im stetigen Nieselregen die immer steileren Hügel hinauf kämpfen, laufen uns von überall her Kinder entgegen, die uns winkend “Hello!!!” vom Straßenrand aus zurufen. Wir sehen ein “Coffee”-Schild. Wenig später nippen wir mit der halben Familie im Vorgarten eines Hauses an einem vietnamesischen Kaffee. Da kommt eine mobile Gemüsehändlerin auf ihrem Motorroller vorbei. Überall an ihrem Gefährt sind Boxen, Tüten und Beutel mit Gemüse befestigt. Sie hat sogar eine Waage dabei! Als wir für den Kaffee bezahlen und weiterfahren, sind wir uns noch immer nicht sicher, ob die lächelnd winkende Familie wirklich ein Café betreibt oder einfach die Gunst der Stunde für einen kleinen Nebenverdienst genutzt hat. Egal, der Kaffee war gut!
Gemüsehändlerin in Vietnam – Symbolbild
Als wir abends den Grenzort Na Meo erreichen, ist es so kalt, dass wir unsere Daunenjacken überstülpen. Nach nichts als einer Nudelsuppe zum Mittagessen haben wir ordentlich Hunger. Es ist bereits dunkel, als wir uns um kurz nach 18:00 auf die Suche nach etwas Essbarem zum Mitnehmen machen. Im Gegensatz zu den zugigen, in dieser Gegend typischen „Garagen-Restaurants“, ist unser kleines Gästezimmer relativ warm. Wir haben Glück: Eine ältere Dame bereitet am Straßenrand frittierte Frühlingsrollen zu. Ihr scheint auch die angrenzende Garküche zu gehören, sodass wir noch eine Portion Reis mit Sojasauce bestellen. Es gibt nur ein Problem: Die Frau hat keinen Take-Away-Behälter. Zu unserem Erstaunen packt sie den Reis kurzerhand in eine Porzellanschüssel, legt zwei Metall-Löffel dazu und bittet uns, alles nach dem Gebrauch wieder zurückzubringen.
Korruption an der Grenze
Wir fahren gemeinsam mit den beiden kanadischen Radfahrern Martin und Nicole weiter, die wir am Abend zuvor in der Pension von Na Meo getroffen haben. An der Grenze herrscht wenig Betrieb. Als wir auf der vietnamesischen Seite an den Tresen des Grenzbeamten treten, würdigt der uns keines Blickes. Unsicher blicken wir uns um und warten darauf, dass er unsere Pässe entgegen nimmt. Doch es passiert nichts dergleichen.
Stattdessen drängeln sich immer wieder Einheimische vor und legen stapelweise Pässe mit je einem 100.000-Dong-Schein (etwa 4 €) auf den Tresen. Diese werden direkt vom Beamten bearbeitet, das Geld steckt er in eine Schublade. Man bemüht sich nicht einmal, die Korruption geheim zu halten! Nach 20 Minuten reicht es uns langsam. Wir schieben unsere Pässe direkt unter die Nase des mies gelaunten Beamten, ohne Bestechungsgeld natürlich. Er blickt kurz auf, nimmt dann endlich unsere Ausweise entgegen und platziert sie in der hintersten Ecke seines Schreibtisches. Dann wendet er sich hoch geschäftig wieder anderen Dokumenten zu.
Die Botschaft ist klar: Ohne Kleingeld passiert hier erstmal gar nichts. Wir spielen also das Wartespiel. Nach über einer Stunde, in der immer wieder Geldscheinen den Besitzer wechseln, werden wir sogar dazu ermahnt, uns leiser zu unterhalten. Ich fasse es nicht. Wenn wir stören, soll der Grenzbeamte doch einfach unsere Ausweise abstempeln. Es geht schließlich nur um die Ausreise!
Auf der laotischen Seite wird es noch schlimmer. Der freundliche Beamte verlangt eine Gebühr von 15.000 laotischen KIP (etwa 0,80 €) pro Person. Als “Stempel-Gebühr.” Wenn wir nicht zahlen, kommen wir nicht rein, suggeriert er uns. Der Mann muss verdammt teure Tinte benutzen, wenn ein einziger Stempel 0,80 € kostet. Zur Legitimierung deutet der Beamte auf ein gedrucktes Plakat hinter ihm, auf dem in Lao und schlechtem Englisch erklärt wird, dass eine Gebühr für den “Lao Tourist Fund” fällig wird. Moment, ich dachte es geht um eine Gebühr für die Stempel!? Von anderen Reisenden wissen wir, dass dieses Schild nicht offiziell ist, sondern vom Grenzpersonal aufgestellt wird, um Touristen reinzulegen. Grenzbeamte als Trickbetrüger? Wir können es kaum glauben.
Und wer jetzt denkt: “Naja, 80 Cent sind ja nicht viel. Gönn den armen Trotteln doch das Geld.”, dem muss ich widersprechen: Korruption sollte nie unterstützt werden, auch wenn es sich um Kleinstbeträge handelt. Die Lebenshaltungskosten in Laos sind so niedrig, sodass die korrupten Beamten an der Grenze über den ganzen Tag verteilt wohl das 9-10 fache des Durchschnittslohns erhalten. Das Geld kommt einzelnen zu Gute, nicht der Allgemeinheit und unterstützt das marode System der Vetternwirtschaft und Ausbeutung. Ich gebe lieber Trinkgeld in Cafés und kaufe in kleinen Dörfern ein, als Menschen in Machtpositionen für 0% Leistung zu bezahlen.
Aber: Der Korruption eine Absage zu erteilen, ist anstrengend. Man muss diskutieren, warten, schauspielern, sich Beleidigungen und Drohungen der Grenzbeamten anhören. Aus Bequemlichkeit und Angst vor Konflikten zahlen die meisten Menschen einfach die Gebühr. Zum Glück haben Joel und ich Zeit. Wir spielen liebend gerne weiter das Wartespiel.
Doch ich habe die Rechnung ohne Nicole und Martin gemacht. Es ist inzwischen fast Mittag, und die beiden wollen heute noch knapp 80 km und über 1500 Höhenmeter fahren. Das Wartespiel wird für die beiden zum Zeitproblem. Damit hat der Grenzbeamte sie genau dort, wo er sie haben will. Als Martin das gedruckte Plakat studiert, ruft er erleichtert: „Achsoo, das mit der Stempel-Gebühr steht ja dort auf dem Schild! Ja dann… das muss ja offiziell sein!” Ich starre ihn entgeistert an. Bevor ich etwas sagen kann, verhandelt er schon mit dem Grenzbeamten. Ob er auch mit seinem verbleibenden vietnamesischen Geld (ca. 2 €) bezahlen könne? Aber klar. Es reicht sogar dafür, dass wir alle vier unseren Stempel bekommen. Soviel zu meinen guten Vorsätzen.
Die vergessene Stadt des Widerstandes: Vieng Xay
Joel und ich fahren nur bis ins 30 Kilometer entfernte Vieng Xay. Laos begrüßt uns mit brach liegenden Klebreisfeldern, traditionellen Holz- und Bambushäusern auf Stelzen und extrem steilen Straßen durch den Dschungel. Alle paar Kilometer passieren wir ein Dorf. Die Einwohner beobachten uns interessiert und alle – nicht nur die Kinder – rufen uns ein freundliches Sabaidii (“Hallo”) zu.
In Vieng Xay finden wir ein Hotel, das so wirkt, als ob es seit Jahren keine Gäste mehr empfangen hat. Die Lobby ist bis auf einen zerbrochenen Tisch leer und von den Wänden bröckelt der Putz. Es ist keine Menschenseele zu sehen. Aber die Ladenbesitzerin von nebenan hat uns kommen sehen und ruft den Besitzer an. Wenig später zeigt uns ein gebrechlicher älterer Herr ein Zimmer im ersten Stock. Es ist ziemlich herunter gekommen und die Dusche in der kleinen Nasszelle funktioniert mehr schlecht als recht. Doch für 100.000 Kip – etwa 5 € – können wir uns nicht beschweren. Die Temperaturen sinken in der Nacht bis knapp über dem Gefrierpunkt, sodass wir froh sind, nicht im Zelt schlafen zu müssen.
Vieng Xay leidet, wie viele Orte in Laos, massiv an den Folgen der Corona-Pandemie. Früher einmal müssen einige Touristen hier vorbeigekommen sein. Davon zeugen jedenfalls Restaurants mit englisch-sprachigen Speisekarten, die nun entweder vollkommen leer oder ganz geschlossen sind.
Vieng Xay war im Indochinakrieg das Hauptquartier der kommunistischen Pathet Lao. Als Nebenschauplatz des Vietnamkrieges waren die USA zwischen 1965 und 1973 in einen Geheimen Krieg, der der Öffentlichkeit größtenteils verborgen blieb, verwickelt. Aus Angst vor dem aufstrebenden Kommunismus warfen die Vereinigten Staaten tonnenweise Sprengstoff auf den Norden von Laos ab, insgesamt knapp eine Tonne pro Einwohner (!). Laos ist damit das am heftigsten bombardierte Land (pro Einwohner) in der Weltgeschichte.
In den Höhlen der Kalkfelsen rund um Vieng Xay versteckten sich tausende Menschen und organisierten den Widerstand. Durch den heftigen Beschuss konnten sie nur nachts ihre Kühe weiden und die Reisfelder bestellen. Sogar Krankenhäuser und Schulen hat es in den Felsen gegeben. Heute sind einige der Höhlen in ein Museum umgewandelt worden, das besichtigt werden kann. Bis auf einen älteren Japaner sind wir heute die einzigen Gäste.
Noch immer gibt es jeden Monat Unfälle mit Blindgängern.
So. Viele. Höhenmeter.
Wir haben die laotischen Berge eindeutig unterschätzt. Pro 30 Kilometer überwinden wir circa 1000 Höhenmeter. Das macht insgesamt 25.000 Höhenmeter bis in die Hauptstadt Vientiane. Zum Vergleich: Bei unserer Alpenüberquerung in Österreich ging es insgesamt gerade mal 4000 Höhenmeter bergauf.
Wir genießen die wunderbare Aussicht und die rasanten Abfahrten. Die Freude wird dadurch getrübt, dass es eigentlich nach jeder Abfahrt sofort wieder steil bergauf geht. Flache Streckenabschnitte – Fehlanzeige! Hinzu kommt, dass wir es in Hanoi versäumt haben, Ersatz-Bremsbeläge für mein Fahrrad zu kaufen. “Ach, die haben wir doch erst in Südkorea gewechselt”, habe ich damals abgewinkt. Das rächt sich jetzt.
Als wir in Sop Lao die Bremsen kontrollieren, haben die Metallklammern an der Hinterradbremse bereits Kontakt mit der Bremsscheibe. Ich brauche neue Beläge, und zwar schnell. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Bremsscheibe beschädigt wird oder, schlimmer noch, bis die Bremsen vollständig versagen. Nur wo sollen wir HIER neue Bremsbeläge finden? Behelfsmäßig tauschen wir die Vorder- und Hinterrad-Bremsbeläge, damit hinten wenigstens noch ein Hauch Bremsmaterial eine Kamikaze-Talfahrt verhindert. Hoffentlich schaffen wir es bis in die nächste Stadt.
Es ist bereits kurz vor der Dämmerung und wir befinden uns auf einem anspruchsvollen Streckenabschnitt ohne jegliche Zivilisation. Sogar das nächste Dorf liegt meilenweit entfernt. Die tief hängenden Wolken hüllen den Hang auf knapp 1400 Metern in einen dichten, feuchten Nebel. Man kann keine 20 Meter weit sehen. In solchen Situationen sind wir froh, dass wir unser Zelt haben. Zwischen meterhohen Schilfpflanzen finden wir eine grasbewachsene Lichtung im Dschungel, die gerade groß genug für unser Zelt ist. Der Grund ist uneben, aber immerhin müssen wir nicht direkt neben der unbeleuchteten Straße schlafen. Verschwitzt und gleichzeitig zitternd vor Kälte löffeln wir hungrig unsere Instant-Nudeln. Das Bikepacker-Leben ist nicht immer glamourös.
Phonsavan und die Ebene der Tonkrüge
Als wir nach unzähligen weiteren Anstiegen und Abfahrten in der Provinzhauptstadt Phonsavan ankommen, sind meine Bremsbeläge endgültig abgefahren. Ein metallisches Klicken und lautes Schleifen begleitet nun jeden meiner Pedaltritte. Wir machen uns wenig Hoffnung, Ersatzteile zu finden. Wahrscheinlich müssen wir in den sauren Apfel beißen und mit dem Bus in die ca. 600 Kilometer entfernte Hauptstadt Vientiane fahren.
Doch wir haben unglaubliches Glück: Joel findet auf dem traditionellen laotischen Markt einen Fahrradladen! Ok, eher gesagt einen Laden, der neben gebrauchten Nähmaschinen, E-Rollern und Bügeleisen auch Fahrräder verkauft. Der Besitzer Touksele bestellt für uns Bremsbeläge aus Vientiane. YEEES! Wir verlängern unseren Aufenthalt und genießen ein paar Touristen-Tage, während wir auf die Bremsbeläge warten. Nach der Eiseskälte in den Bergen schlagen uns hier im Tal knapp 30 Grad entgegen. In den vielen Restaurants und Hotels, die alle mit Bombenhülsen aus dem geheimen Krieg dekoriert sind, wimmelt es nur so von Touristen.
Anzeige
Zeit für eine Kaffeepause
Jetzt bei Amazon.de in einer großen
Auswahl von Kaffeespezialitäten stöbern!
Außerdem bleibt Zeit für einen Besuch der Ebene der Tonkrüge (Plain of Jars). Rund um die Provinz Xieng Khouang befinden sich auf einer Fläche von der Größe Schleswig-Holsteins Ansammlungen riesiger Steinkrüge. Archäologen vermuten, dass diese vor über 2000 Jahren für Zweitbestattungsrituale verwendet worden sind. Die Körper der Verstorbenen sind zunächst in den Krügen gelagert worden, bevor die verwesten Überreste verbrannt und begraben worden sind. Was den Archäologen allerdings bis heute Rätsel aufgibt, ist das vollständige Fehlen von Hinweisen menschlicher Siedlungen rund um die Tonkrug-Ebenen. Wahrscheinlich zieht gerade dieses Mysterium viele Besucher an.
Auf der Wiese um die Krüge herum zeugen heutzutage aber auch riesige Krater und Scherben zerstörter Krüge von den Ereignissen des Geheimen Kriegs.
Ein irrwitziger Kontrast: Luang Prabang
Nach 5000 Höhenmetern in vier Tagen kommen wir erschöpft in der alten Königsstadt Luang-Prabang an. Der liebevoll herausgeputzte Ort steht im völligen Kontrast zum bergigen Hochland, durch das wir uns knapp drei Wochen lang gekämpft haben. Anstatt bettelarmer Dörfer reihen sich in der Innenstadt Tempel an Häuser im französischen Kolonialstil. Kleine Läden verkaufen traditionelle Handarbeiten und überall gibt es bildhübsche Cafés, Restaurants und kleine Stände mit allerlei Köstlichkeiten.
Luang Prabang zieht aus gutem Grund über 1 Millionen Touristen im Jahr an und hat sich dadurch zu einem wichtigen wirtschaftlichen Zentrum entwickelt. Das schlägt sich auch in den Preisen für Unterkünfte und Lebensmittel nieder, die etwa viermal so hoch sind, wie auf dem Land.
Die Mauer
Zwischen uns und der berüchtigten Party-Stadt Vang Vieng liegt der Kasi-Pass. Ein Höhengewinn von 1500 Höhenmetern auf einer Strecke von 12 Kilometer. Eine Distanz, die viel bedeuten kann. Auf einer asphaltierten, ebenen Straße besagen 12 Kilometer, dass wir bald am Ziel sind; auf einer unbefestigten Straße mit 10% Steigung werden wir noch Stunden vor uns haben.
Wir machen uns nicht allzu viele Sorgen, als wir um kurz vor 8 in Pongdong aufbrechen und auf einer asphaltierten Straße Richtung Pass radeln. Vielleicht sind wir nach den irren Bergpässen in Kirgistan etwas überheblich geworden. Nach Pässen auf 3800m wird uns doch so ein mickriger Bergrücken nichts anhaben können!
Wir werden unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Dieser Berg scheint uns von unserem hohen Ross holen zu wollen. Bei einer konstanten Steigung von 12-16 % schaffen wir unter Einsatz unserer gesamten Muskelkraft und Konzentration höchstens 50 Meter am Stück. Selbst das Schieben der 35 kg Räder ist so anstrengend, dass es keine Alternative zum Fahren darstellt. Wir müssen uns eingestehen, dass wir im aktuellen Tempo wohl den ganzen Tag für 12 Kilometer brauchen werden. Trotz Asphalt.
Die mentale Herausforderung ist mindestens genauso groß, wie die körperliche. Ich beginne meine Tret- und Pausenzeiten zu timen: 20 Atemzüge treten, 20 Atemzüge Pause. Es ist fast wie im Fitnessstudio. Aber mit 220 Sets statt 3 Sets. Es ist niederschmetternd und einige Male bin ich kurz vor dem Aufgeben. Wie reizvoll wäre es, sich einfach an den Straßenrand zu setzen und ein Nickerchen zu machen! “Aber das geht nicht”, mahnt meine innere Stimme, “Wir haben nicht genug Wasser und Essen.” Also geht es weiter, Höhenmeter für Höhenmeter.
So hart die Herausforderung war, so überwältigend ist der Triumph, als wir den Rasthof am Pass erreichen. In einem Café trinken wir einen zuckersüßen, wohlverdienten Smoothie. Der Besitzer erlaubt uns, unser Zelt hinter dem Haus aufzuschlagen. Wenig später treffen die Chilenischen Bikepacker Monica und Camilo ein, die wir zwei Tage vorher am Kuang-Si Wasserfall getroffen haben. Wir sind uns einig: Das war einer der herausforderndsten Tage unserer bisherigen Reise. Camilo tauft den Bergpass liebevoll und sehr passend “The Wall – Die Mauer”.
Tubing in Vang Vieng
Umgeben von majestätischen Kalkfelsen und Dschungel liegt die Kleinstadt Vang Vieng. In den 2010er Jahren erlangte der Ort eine traurige Berühmtheit durch eine Reihe von tragischen Todesfällen: Das einst abgelegene Dorf am Namsong-Fluss wurde in den 80er Jahren wegen seiner natürlichen Schönheit bei Backpackern auf dem “Banana-Pancake”-Trail immer beliebter. Die Bewohner adaptierten sich an den Tourismus – Vang Vieng entwickelte sich zu einer Party-Stadt für Budget-Reisende, in der Alkohol und Drogen zum Alltag gehörten.
Die beliebteste Freizeitaktivität der vorwiegend halbwüchsigen Touristen: “Tubing” – sich auf einem LKW-Schlauch den Fluss hinunter treiben lassen, an den Bars am Ufer Lao-Lao Schnaps aus Eimern trinken und von Schaukeln und Schlingen ins Wasser springen. Was nach einer Menge Spaß klingt, wurde für dutzende Touristen, die stockbesoffen ins Wasser fielen oder sich beim Sprung den Kopf an spitzen Steinen aufschlugen, zur Todesfalle. Auf internationalen Druck hin griffen die laotischen Behörden schließlich ein, Tubing wurde im Jahr 2012 verboten. Seit einigen Jahren kann man sich auf dem Fluss wieder in einem LKW-Schlauch treiben lassen. Die Schaukeln und Schlingen hingegen sind verschwunden und es gibt nur noch wenige Bars mit strengen Auflagen.
Wir finden Vang Vieng ziemlich hässlich. Es ist einer dieser schmuddeligen Touri-Orte, in denen betrunkene Halbwüchsige auf den Straßen in Badebekleidung herumlaufen. Jedes zweite Gebäude ist ein schäbiges Restaurant oder ein Smoothie-Stand mit Dumping-Preisen. Aber nicht alles ist schlecht: Wir finden eine großartige Pizzaria mit Steinofen. Unser freier Tag fällt zufällig auf den Valentinstag. Es ist knallheiß, sodass ein paar Stunden im kühlen Fluss einfach zu verlockend klingen: Wir gehen Tuben! Aufgrund der dunklen Vergangenheit sind wir natürlich etwas skeptisch. Aber am Ende ist das Tuben eines unserer Highlights in Laos. Bei 35°C lassen wir uns gemütlich in den LKW-Schläuchen über den Fluss treiben und trinken ein kühles Beer Lao. Es ist perfekt!
Vang Vieng hat es in den letzten Jahren geschafft, aus dem verpönten Tubing wieder eine entspannte Freizeit-Aktivität zu machen. Wir können es nur empfehlen!
Vientiane – Sie haben Ihr Zwischenziel erreicht!
Das Bergland von Nord-Laos liegt nun hinter uns. Zwei Tage später erreichen wir unser Etappenziel: Die Hauptstadt Vientiane, die eher wie ein Dorf wirkt, als wie eine Stadt. Wir gönnen uns ein paar Tage Entspannung und verlängern unser Visum für weitere 30 Tage, denn von Laos haben wir noch lange nicht genug!
Vietnam und Nord Laos in Bildern
Anzeige
Keine Lust mehr auf Lesen?
Jetzt auf Amazon.de ein Audible Probe-Abo* abschließen (jederzeit kündbar) und aus tausenden Hörbüchern auswählen.
Bei mit (*) gekennzeichneten Links handelt es sich um sog. Affiliate-Links. Durch Klick auf diese Links und Erwerb von Produkten unserer Partner erhalten wir ggf. eine Provision. Als Amazon Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen. Ihr unterstützt damit unsere Reise, es entstehen keine Mehrkosten für euch
Weitere Informationen findet ihr auch in unserer Datenschutzerklärung!
Einen Blogartikel zu schreiben ist sehr zeitaufwendig und wir sind beim Posten auf gutes Internet angewiesen, sodass unsere Erlebnisse hier oft einige Monate zurückliegen. Wo wir aktuell sind, könnt ihr auf dieser Karte bzw. über unseren Instagram-Account verfolgen!